Ich bin ein Formel 1 Zocker der ersten Stunde und habe mich mittels den Videos und Vorberichten auf F1 2016 gefreut; inklusive neu geschürter Erwartungen. Zu oft wurde ich in den letzten Jahren enttäuscht und trotzdem spielte ich jedes Jahr die neuerliche Version. Ob ich dieses Jahr Freud oder Leid erfahren durfte, erzähle ich euch in meinem Bericht.
Das letzte F1-Jahr war für Codemasters eher ein schwaches und es galt einiges aufzuholen. Fahrgefühl und Technik stimmten zwar, dafür nervte der lasche Karriere-Modus und das unausgewogene Strafen-System. Auch Kleinigkeiten wie das Fehlen des Safty Cars enttäuschten mich als grosser Formel 1 Fan mehr als man erwarten würde. Jedes Wochenende verschlinge ich Training, Qualifying und das Rennen, so wird ein Rennwochenende exzessive von mir ausgekostet. Im Spiel konnte man im vergangenen Jahr gerade hierbei weniger flexibel die Einstellungen verändern und wurde gezwungen mindestens 25% des Rennens zu absolvieren. Klar, für einen Hardcore F1-Fan sicherlich ein Muss, jedoch nicht für ein Spiel zwischendurch. Man könnte meinen, dass Codemaster sich alle Fehler von der Community angehört hat um genau jene zu verbessern. Gleich vorneweg: F1 2016 ist eines der besten Formel 1 Spiele seit langem.
Wie es sich für ein lizenziertes F1 Spiel gehört, wurde F1 2016 umfangs- und regeltechnisch auf den aktuellen Stand gebracht. Der Rennkalender umfasst mit dem deutschen Grand Prix auf dem Hockenheimring und dem Debüt des von Baku in Aserbaidschan Rennen, nun insgesamt 21 Veranstaltungen. Fahrerlager und Fahrzeuge entsprechen der aktuellen Saison.
Das der Karriere-Modus überarbeitet wurde war bitter nötig. Nicht mehr so staubtrocken wie im Vorjahr werden hier viele Möglichkeiten und ein paar gute Storys präsentiert. So lernt man den technischen Direktor kennen, kann sein Auto im Training verbessern und die nötigen Einstellungen treffen. Gerade hier gibt es eine sehr gute Verbesserung: Der Spieler wird aktiv in die Fahrzeugentwicklung integriert. Vor jedem Rennen können wir während der Trainingsphase verschiedene Programme auswählen. Bei der Streckenakklimatisierung gilt es zum Beispiel, auf der Ideallinie farbige Tore zu durchfahren, beim Reifenmanagement müssen wir die Abnutzung unserer Pneus im grünen (oder noch besser lilafarbenen) Bereich halten, und die Qualifying-Tempo-Prüfung fordert eine möglichst gute Rundenzeit. Je nachdem wie gut wir uns schlagen, verdienen wir Ressourcenpunkte, die wir dann in unserer Entwicklungsabteilung in die Verbesserung von Komponenten investieren (zum Beispiel in die Motorleistung oder die Treibstoffeffizienz). So bekommt die in der Realität so wichtige Entwicklungskomponente auch im Spiel entscheidende Relevanz, was nicht nur motiviert, sondern auch zum besseren Streckverständnis beiträgt.
Aber auch im Rennen hat sich einiges getan. Wie schon erwähnt gibt es nun endlich den Safty Car. Zudem werden auch Kleinigkeiten wie die Einführungsrunde oder der Startmodus geboten, in jenem muss die Kuppel gedrückt und in im richtigen Moment losgelassen werden. Andernfalls gibt es entweder eine Durchfahrtsstrafe für zu frühes starten oder der Verlust einer Position.
Erfreulich und auch sehr fördernd für den Spielspass sind die Anpassung in den Bestrafungen und noch viel wichtiger: Der neuen KI der Mitfahrer. So sind immer wiederkehrende Rempler und der dann folgenden Strafe für einen selbst nun endlich ein Relikt der Vergangenheit. Auch die schienenartige Fahrweise die dazu führte, dass man stets an Roboter dachte, gehört der Vergangenheit an. Nur das Schadensmodel könnte noch ein bissen besser sein. So tritt der Totalschaden immer noch etwas zu schnell ein.
Auch während dem Rennen gibt es wunderbare Möglichkeiten der Feinabstimmung. So kann ich im Rennen das Benzingemisch verändern oder mit der Box meine Boxenstrategie anpassen. Mit Headset sogar per Sprachsteuerung möglich. Allgemein ist der Boxenfunkt exzellent gelungen. Auch die Atmosphäre vor einem Rennen und nach einem Rennen wird in F1 2016 prima eingefangen. Es gibt Kameraschwenks in die Boxengasse, in der sich die Fahrer vorbereiten, mit ihren Konstrukteuren beratschlagen oder Interviews geben und nach einem Rennen die obligatorische champagnerbesudelte Siegerehrung. Auch wenn die Charaktere teilweise etwas wenig Emotionen zeigen und so den Charme einer Wachsfigur haben. Und genau hier macht Codemaster einen der grössten Fehler. Sie vernachlässigen den Charme und haben für die deutsche Synchronisation offensichtlich einen Amateur angestellt. Kennt ihr noch die Filme wo der Schauspieler sprach, aber gehört hat man nichts. Oder der Synchronsprecher spricht noch, während die Figur die Lippen nicht mehr bewegt? Einfach nur katastrophal!
Dafür sind die Regenrennen ein echtes Erlebnis und das nicht nur optisch sondern auch spielerisch. So sollte man genau darauf achten, nicht die Ideallinie zu verlassen. Aquaplaning ist wirklich spürbar. Egal ob bei Regen oder Sonnenschein, die Framerate bleibt konstant flüssig. Die Motorengeräusche sind auf ordentlichem Niveau und durch den Rennzirkus führen auch in diesem Jahr die F1-Kommentatoren Heiko Wasser und Stefan Römer. Deren Kommentare wiederholen sich zwar hin und wieder, dafür haben sie aber auch viele interessante Dinge zu erzählen und haben, anders als im letzten Jahr, die Valium-Tabletten im Schrank gelassen.
Fazit:
Codemasters hat mit der 2016er Fassung einen riesen Sprung gemacht. Hätte man mir letztes Jahr gesagt, dass ich in diesem Jahr ein Formel 1-Spiel dieser Klasse erhalte, ich hätte ihn ausgelacht. Der Karriere Modus ist super und unterhaltsam. Viele Fehler aus dem letzten Jahr wurden behoben und die Möglichkeiten an Auto-Einstellungen wie auch am Spiel selbst sind so gross, dass für jeden etwas dabei ist. Codemasters hat den perfekten Spagat zwischen Simulations-Treue und Arcade-Fun geschafft. Sound und Kommentatoren machen Spass und die Gegner sind nicht mehr nur einfache Roboter die auf Schienen fahren. Kleine Fehler hat das Spiel noch, aber von mir gibt’s ganz klar eine Kaufempfehlung.
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