Nix da Hasenfuss, ab sofort gibt’s Hasenfaust! Im neusten Metroidvania Release hauen wir in einer düsteren Steampunk-Metropole mit Captain Langohrs übergrosser Metallfaust finstere Söldner und bösartige Metallkameraden in ihre Einzelteile.
Das Leben ist nicht angenehm. Der Staat gleicht eher einer terroristischen Unterdrückervereinigung, als einer gesunden Demokratie. Die Bürger, allesamt Biomutanten in Tierform (Bär, Schwein, Hase, Katze, Maus…) werden beim kleinsten Vergehen gnadenlos zur Rechenschaft gezogen. Hase Roy, leicht deprimiert von seinem Rentenstatus, wollte sich eigentlich mit Bärenkumpel Urso einen Teller Nudeln in die Kauleiste schieben, doch anscheinend war der gesprächige Bär für die patrouillierenden Gesetzeshüter zu laut. Ein unverzeihlicher Fauxpas und Meister Petz wandert schnurstracks in den Gefängnisturm.
Die Grundstory ist somit gelegt. Das Ziel: Holt den Bären aus dem Knast! Mit seinen Nudelarmen haut Roy natürlich niemanden in die Pfanne. Gut nur, dass er über die kybernetische Riesenfaust verfügt, die Urso glücklicherweise kurz vor seinem Aufenthalt hinter den schwedischen Gardinen funktionstüchtig gemacht hat. Roy schnappt sich die Apparatur und legt los. Zu Beginn drescht ihr nur per leichtem oder schwerem Schlag die Unverfrorenheit aus den Schurken. Doch schon ein paar Minuten später habe ich neben einer Dash Funktion, Superpunch, Finisher und Wall Jump bereits den Doppelsprung – es kann losgehen.
In typischem Metroid-Style erkunden wir die weitverzweigte Welt in 2.5D. Wir beginnen in einer schummrigen Gasse, ackern uns durch die Kanalisation, fahren U-Bahn, durchqueren mehrere Stadtteile und legen regelmässig Mini- und Endbosse flach, sofern wir die fordernden Plattformpassagen davor gemeistert haben. Erledigte Bösewichte und Schatztruhen im Sparschwein-Look lassen des Öfteren harte Devisen liegen, die wir auf zwei unterschiedlichen Arten ausgeben. Entweder kaufe ich mir bei jedem Transformer-Checkpoint neue Skills, wie Uppercuts, wilde Combos, Supermoves oder einen zusätzlichen Finisher oder verbrate meine sauer erkämpfte Kohle beim Händler. Dort gibt’s Upgrades für unsere Lebens- und Specialbalken oder Datadiscs, die beim Skilltree später für das Aufleveln obligatorisch sind.
Genretypisch stehen wir oft vor verschlossenen Türen, die sich erst mit dem korrekten „Punch“ oder Schlüssel öffnen. Hilfreich ist dabei die detaillierte Levelkarte, die euch sämtliche Positionen der Terminals, Händler, unbetretener Passagen und den Missionsmarker anzeigt. Kopfloses Umherirren ist in F.I.S.T. beinahe unmöglich. Unterwegs treffen wir nicht nur auf fieses Gesindel. Regelmässig treten wir mit NPCs in den Dialog – inklusiver Sprachausgabe - und holen uns neue Infos für die bevorstehenden Strapazen ab. Im ersten Drittel wird ein Schnellreisesystem hinzugefügt, welches langes Backtracking reduzierten soll.
Für die Defensive blockt ihr mit Elektrostöcken eine Vielzahl von Schlägen ab und als Heiloption nehmt ihr einen kräftigen Schluck Karottensaft aus dem Flachmann. Auch das Waffenrepertoire wird im Laufe des Spiels erweitert. Mit dem wuchtigen Industriebohrer legen wir die Schergen gleich reihenweise zusammen, die Elektropeitsche lässt die Bösewichte tanzen oder wir ballern mit der Schrotflinte leichte Gegner bewusstlos. Finden wir die passenden Blaupausen, dürfen wir Ingame auch unser Outfit farblich anpassen. So wird z.B. aus dem fahlen Standardgelb ein knalliges Ferrarirot. Kleine Rätseleinlagen und gelegentliche Schwimm- und Flugsequenzen runden das 12 stündige Hasen Epos ab.
Fazit:
Wir haben nun schon das dritte Quartal im Jahr 2 nach Covid, und siehe da, der erste Überraschungshit 2021 trudelt endlich ein. Würde ich ein Metroidvania entwickeln (reines Wunschdenken natürlich!), dann wäre F.I.S.T. ganz nahe an meiner Vision. Der Hase weiss einfach Bescheid. Der leicht verbitterte Roy ist der perfekte Antiheld, denn eigentlich hat er null Bock auf das Ganze. Trotz umfangreichem Repertoire an Waffen und Schlägen verliert er sich nicht im Steuerungswirrwarr. Ein genialer Zug ist, den rechten Analog als zweite Item Option zu implementieren. Umschalten geht blitzschnell. Ebenso verhält es sich mit den Ladezeiten. Und auch nach Stunden macht das Gegnerplätten Spass, da im Laufe des Spieles ständig neue Skills freigeschalten werden. Ein grosses Lob geht auch an die grafische Umsetzung. Selten sah ein Side-Scroller schöner aus. Die Licht und Schatteneffekte sind grossartig und untermauern perfekt das düstere Distopia. Immer wieder überraschen die Entwickler mit kleinen Details und Grafikspielereien, so dass man innehält und die Architektur bestaunt. Die vielfältigen Hüpfpassagen sind aber nicht ohne, der geübte Jump&Runner ist da klar im Vorteil. Netterweise sind die Rücksetzpunkte stets fair gesetzt.
F.I.S.T. Forged in Shadow Torch macht bis auf ein paar kleine Ausnahmen alles korrekt. Gelegentlich wünsche ich mir etwas mehr Gegnerbetrieb, denn es kann schon mal vorkommen, dass ich durch leere Levelteile hopse und mir den einen oder anderen Schurken mehr wünsche. Eine Skill Liste im Optionsmenu suche ich vergebens. Die einzelnen Combos sind nur bei den Terminals einsehbar. Wie schon erwähnt, sind die Faustschlachten gegen die bösen Buben ein Heidenspass, ich hätte mir aber ein klitzekleines Bisschen mehr Agilität gewünscht, da Roy für mich persönlich ab und zu ein wenig zu langsam reagiert - besonders bei kritischen Ausweichmanövern gegen ballernde Spiessgesellen. Trotzdem ist F.I.S.T. klar in meiner Top 5 in diesem Jahr. Ich erhoffe mir noch viele weitere Projekte von TiGames aus Shanghai, denn der Qualitätsstandard ist für einen Indie Spiel einfach gigantisch. Die Damen und Herren sollte man in Zukunft auf dem Schirm behalten – Potential en Masse! F.I.S.T. Forged in Shadow Torch ist der perfekte Fix für alle, die das neue Metroid kaum erwarten können und steht auf Augenhöhe mit Perlen wie Hollow Knight oder Ori.
Wir haben F.I.S.T. auf der PS5 getestet. Es ist aber auch für PS4 und den PC zu haben (digital only). Das Spiel wurde uns freundlicherweise direkt vom Publisher zur Verfügung gestellt.
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