Wer wollte nicht schon immer mal die Gelegenheit haben, einem Freund aus der Patsche zu helfen und dabei gleich einem fiesen Oberbösewicht das Handwerk zu legen? Diesen Wunsch hegten wohl auch die Entwickler bei In Utero und ermöglichen euch nun eben dieses Vorhaben mit ihrem neusten Game aus dem Hause Ubi Soft.
Nach dem Einlegen der CD in die Konsole wird dem Spieler erst mal ein Intro vorgeführt, welches zeigt, um was genau es sich bei diesem mysteriösen Titel überhaupt handelt. Ihr seht den kleinen Cyprien mit seinen Freunden zu Hause an seiner Geburtstagsparty. Doch schon bald ist ersichtlich, dass das Geburtstagskind andere Gedanken verfolgt als der Rest der Bande. Er möchte sich nicht mehr mit diesen "Kindereien" abgeben und doch lieber zu den Erwachsenen gehören. Frustriert begibt er sich in sein Zimmer und erlebt da etwas, das er so sicherlich nicht erwartet hat. Denn ein selbsternannter Oberbösewicht warpt den kleinen Jungen in eine düstere Paralleldimension.
Wie ihr euch denken könnt, ist hier der Punkt gekommen, an welchem der Spieler die Handlung aufgreift und direkt ins Geschehen integriert wird. Schnell wird klar, dass es sich hier in den Grundzügen um ein Jump’n Run handelt – jedoch keinesfalls im herkömmlich bekannten Sinne. Cyprien besitzt nämlich die zweifelhafte Eigenschaft der Schizophrenie. Sammelt ihr genügend der benötigten Extras verwandelt sich der Held in einen bösartigen Verrückten, seinen Evil Twin, welcher den unwiderstehlichen Drang verspürt, alles um ihn herum zerstören zu müssen. Dies stellt insbesondere für eure über 100 umfassende, umherstreunenden Gegner ein ernstzunehmendes Problem dar. Denn sieht Cyprien erst mal rot, erreicht er via Super Jump auch hochgelegene Gefilde und benutzt neben seiner Standardwaffe nun Feuerbälle und Blitzattacken zur Verteidigung.
Nach einiger Zeit, ob nun aktiviert oder nicht, neigt sich der Psycho Balken wieder dem Ende entgegen und Cyprien steht schlicht eine Steinschleuder zur Verfügung, die aber immerhin mit diversen Spezialgeschossen wie z.B. Kaugummis gefüttert werden kann, sofern er diese auch findet. Ebenfalls ist euch freigestellt, in einer first person Perspektive auf die Gegner zu zielen oder etwaige Schalter zu aktivieren – was sich manchmal durchaus als nützlich erweisen kann. So durchquert ihr auf der Suche nach eurem Freund, unter Zuhilfenahme von Medipacks, gegen die 70 Level mit diversen Endgegnern. Dabei gilt es, wie in einem Plattformtitel üblich, mit Hilfe von Joypadgeschick diverse Höhen und Tiefen zu erreichen. Damit euer Charakter immer in einem guten Licht steht, verändert ihr die Kameraperspektive um ihn herum und ermöglicht so ein durchwegs flüssiges Spielen.
Der Frustfaktor wird erheblich gesenkt, indem euch zwischendurch die Gelegenheit gegeben wird, das Spiel zu speichern. Hierfür benötigt ihr allerdings eine gewisse Anzahl Kameraextras. Durch die begrenzten Speichermöglichkeiten und die daraus resultierenden, verheerenden Folgen eines Ablebens, werdet ihr dazu verleitet, den Jungen um einiges vorsichtiger durch die Gegend zu führen.
Optisch lässt der Titel stark zu wünschen übrig. Man wird das Gefühl nicht los, dass bei Evil Twin nicht annähernd versucht wurde, die Grenzen der PS2 auszuschöpfen. Musikalisch ist es durchwegs nett. Die Musik passt sehr gut zum mystischen Drumherum und die Sprachausgabe hinterlässt einen professionellen Eindruck.
Fazit:
Evil Twin besticht durch eine, für dieses Genre außergewöhnlich umfangreiche Story und seine düstere Atmosphäre. Dadurch vermag euch Evil Twin beachtlich schnell in den Bann seiner Phantasiewelt zu ziehen. Leider haben sich einige Mängel mit eingeschlichen: Die Charakter Modelle bestehen aus sehr wenigen Polygonen und die Grafik im allgemeinen, welche Level für Level immer dieselbe Farbpalette aufweist, wirkt ein wenig verwaschen. Das Leveldesign ist interessant, erreicht aber nicht im entferntesten die Genialität eines Kult Titels, woran auch die schlechte Kameraführung schuld ist. Wer für einmal das etwas andere Jump’n Run angehen möchte und von der kindlich angehauchten Story nicht abgeschreckt wird, sollte einen Blick auf In Utero’s Produkt werfen – denn obschon es nicht neue Maßstäbe setzt, stellt es einen durchwegs gut spielbaren und unterhaltsamen Vertreter des Genres dar.
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