Traum oder Wirklichkeit? Real oder Fiktion? Bei Bandai Namcos RPG dreht sich das gesammte Spiel um diese Frage. Untermalt wird das ganze von buntem Cellshade Look und samtener Klassikmusik gepaart mit Japanopop. Geht der Mix auf?
Es ist die Nacht des 16. Oktober 1849, in der der im Sterben liegende Frédéric Chopin seinen letzten Traum träumt. Dieser handelt von einer farbenfrohen Märchenwelt, in der unheilbar Kranke die Gabe haben, Magie zu wirken - ein Schicksal, welches Chopin mit einem Mädchen namens Polka teilt, das er in seinem Traum trifft. Klingt ziemlich verwirrend und ist es auch. Doch ist das Ganze wirklich nur ein Traum? Die Welt wirkt so real, die Figuren, auf die er in Polkas Begleitung trifft, so glaubwürdig und deren Absichten so menschlich. Chopin kann nicht anders als sich verwirrt und betroffen zugleich auf die ihm hier bevor stehenden Ereignisse einzulassen und es beginnt eine Reise durch diese ihm immer vertrauter erscheinende Welt, in der die Personen an seiner Seite für die Erfüllung ihrer ganz eigenen Träume kämpfen.
Polka will in der Zeit, die ihr noch bleibt, anderen etwas Gutes tun. Sie entschließt sich den regierenden Grafen von seiner dubiosen Steuerpolitik abzubringen, aufgrund der sich das Volk fast nur noch synthetisches Wunderpulver mit verheerenden Nebenwirkungen leisten kann. Das ist auch das Anliegen des Gaunerduos Allegretto und Beat, die in bester Robin Hood-Manier die Reichen beklauen, um den Armen zu geben. In ihrer Naivität ahnt die stetig anwachsende Gruppe allerdings noch nicht, welche Absichten der Graf tatsächlich verfolgt und was es mit dem Wunderpulver alles auf sich hat. Jedenfalls bereist ihr während eurer Recherchen einzigartige Orte, trefft auf unterschiedliche Interessensgruppen und macht unglaubliche Entdeckungen.
Die mitunter durchaus spannend inszenierte, aber von Pathos und Klischees durchsetzte, generell recht vorhersehbare und nicht unbedingt originelle Handlung, verläuft dabei strikt linear und lässt euch kaum Freiheiten. Die Reihenfolge der Schauplätze die ihr bereist, ist fest vorgeschrieben. Selbst an Orte, die ihr bereits besucht habt, könnt ihr nicht so ohne weiteres zurückkehren, um eventuell verpasste oder erst später mögliche Ereignisse auszulösen. Zwar entdeckt ihr später im Spiel einen praktischen Teleporter, doch auch der erlaubt euch erst beim zweiten Durchspielen uneingeschränkte Reisefreiheit. Das steigert zwar den Wiederspielwert, wirkt jedoch wie eine künstliche Barriere, die sich nur für diejenigen öffnet, die bereit sind, ein und dasselbe Abenteuer mehrmals zu bestreiten, um in den Genuss aller Extras und Facetten zu kommen. Das ist für mich persönlich ein dicker Minuspunkt, da ein RPG doch grössenteils von seiner Story lebt und kaum ein zweites Mal durchgespielt werden will. Die Präsentation ist perfekt gelungen.
Der Look überzeugt von der ersten Minute an. Charaktere wurden mit viel Liebe zum Detail gezeichnet, die Umgebungen wissen zu gefallen. Die Stimmung ist wirklich perfekt und die teils traurige Story kommt so super atmosphärisch rüber. Auch wenn Level- und Quest-Design etwas altbacken wirken und sich die vergleichsweise unspektakulären Gegner in nur leicht veränderter Form später unnötig oft wiederholen. Dennoch ist es sehr motivierend die kompakten Schauplätze nach versteckten Schätzen, Charakteren und Ereignissen abzuklappern, was aufgrund der fehlenden Kartenfunktion oftmals gar nicht so einfach ist. Manchmal kann das Fehlen dieser Funktion ziemlich nerven. Spätestens wenn sich die Levelarchitektur als Teil eines Rätsels verändern lässt, sich die Hatz über mehrere Ebenen erstreckt oder Teleporter zum Einsatz kommen, werdet ihr wissen, was ich meine. Zumindest werdet ihr beim Erforschen und Rätselraten nicht von lästigen Zufallskämpfen geplagt. Alle Gegner bewegen sich sichtbar durch die ansehnliche Spielwelt und verschwinden nach einem Sieg dauerhaft von der Bildfläche, so lange ihr den Ort nicht wechselt. Aber auch sonst könnt ihr den meisten Angreifern in der Regel problemlos aus dem Weg gehen oder versuchen, sie von hinten zu attackieren, um euch einen Vorteil im darauf folgenden Scharmützel zu verschaffen.
Das Kampfsystem passt sich eurem Spielfortschritt nämlich durch das Erreichen bestimmter Gruppenlevel an, wodurch es stets eine angemessene Herausforderung darstellt. Neben dem variablen Aktionstimer existieren aber noch andere Dinge, die sich schrittweise ändern. So gibt es zu Beginn auch einen Taktiktimer, der euch vor Kampfstart eure Aktionen planen lässt, auch wenn die Zugfolgenanzeige immer nur den direkt nächsten Akteur auflistet. Im weiteren Spielverlauf wird auch diese Zeit immer knapper, bis sie letztendlich ganz weg fällt. Im Gegenzug könnt ihr aber immer mehr Gegenstände einsetzten, die ihr euren maximal drei von zehn am Kampf teilnehmenden Partymitgliedern zuvor zugeteilt habt. Zudem dürft ihr später Kombo-Echos für verstärkte Spezialangriffe sammeln, diese durch Harmonieketten miteinander verbinden und Gegenangriffe mit geschicktem Timing nicht nur blocken, sondern auch kontern. Dadurch gestalten sich die Auseinandersetzungen ungemein dynamisch und actionreich, ohne zu stupidem Tastengehämmer zu verkommen. Eine weitere Besonderheit der Kämpfe ist die Einbindung von Licht und Schatten. So können eure Charaktere je nachdem, ob sie auf beleuchtetem oder dunklem Terrain agieren, unterschiedliche Spezialaktionen ausführen.
Bei euren Gegnern verhält es sich ähnlich, wobei sich diese je nach Lichteinfall auch noch verwandeln können. Ist ein Schattenmonster in der Dunkelheit zu stark, könnt ihr es z.B. zu einer Lichtquelle locken, wo es sich deutlich schneller besiegen lässt und umgekehrt. Dabei werfen selbst die Kampfakteure je nach Lichteinfall Schatten, die Einfluss auf das Kampfgeschehen haben können. Es gibt sogar Objekte und Angriffe, die die Lichtverhältnisse vorübergehend verändern können. Zusammen mit den individuell zuteilbaren Spezialaktionen ergeben sich so zahlreiche Möglichkeiten, um mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen zu experimentieren. Schade nur, dass die verschiedenen Kampfansichten nicht immer optimale Übersicht gewähren.
Fazit:
Eternal Sonata hat mich sehr gut unterhalten, es sieht super aus, klingt super und weiss mit einer sehr guten Story zu gefallen. Was weniger gut ist, der Ablauf ist 100% linear und schränkt so eure Handlungen stark ein und die fixe Kamera ist nicht mehr Stand der Dinge. Wer auf ein Japan RPG gehofft hat wird gut bedient, wer Innovation erhofft hat, wird enttäuscht.
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