Hat es Bioware nach dem Abfall-Spiel "Dragon Age 2" geschafft, erneut den Thron der westlichen RPGs zu ergattern?
Dragon Age: Inquisition spielt etwa zehn Jahre nach dem ursprünglichen Dragon Age und ein paar Jahre nach Dragon Age II (den wirklich NIEMAND mag). Die Magier und die Templer sind im Krieg, das Land Thedas steht vor der Verwüstung. Doch endlich, der Frieden naht! Die Mächtigen einigen sich darauf zusammen zu sitzen und die Sache zu beenden. Blöd nur, wird dieser Friedensgipfel in einer riesigen, grünen Explosion in die Luft gejagt. Der einzige Überlebende ist der Herold, der aufwacht mit einer grün-glühenden Hand und der Fähigkeit Risse im Fade zu schliessen. Da alle Politiker Hopps gegangen sind, bleibt Thedas führerlos zurück. Aus diesem Grund wird die Inquisition - Personen, die den Frieden wiederherstellen möchten – wieder ins Leben gerufen. Die Inquisition und der Herald von Andraste (der Spieler) müssen verhindern, dass Thedas vom Bösen überrannt wird.
Im Gegensatz zu Mass Effect ist Inquisition nicht das Ende einer Trilogie oder so etwas. Es baut auf den vorherigen Spielen auf, ist aber nicht das Ende. Die Story ist in sich geschlossen, obwohl wir sicher sein dürfen, dass ein weiterer Teil wohl nicht lange auf sich warten lässt. Dies hat den Vorteil, dass die Geschichte über mehr als 40 Stunden Spielspass hergibt. So der Hersteller. Ich bin schon weit, weit über 40 Stunden dran und habe immer noch nicht alles abgeschlossen.
Inquisition ist ein ziemlich gutes Beispiel für Biowares Stärken und Schwächen. Sympathische Charaktere gib es genug und einige absolut lustige Dialoge. Ein paar Figuren stechen aus der Reihe heraus, so in etwa Sera, die durchgeknallte Elfe oder Iron Bull, der derbe Qunari. Nach ein paar Stunden hatte ich die Party beisammen, die mir am sympathischsten war und spielte nur mit denen. Der Antagonist, der Elder One, hat übrigens einen bombastischen Auftritt und verschwindet dann leider wieder in der Versenkung. Schade, denn das erzeugt ein Gefühl, dass nichts wirklich dringend ist. Eine Armee überrollt Thedas? Lasst mich schnell 100 Pflänzchen pflücken und zehn Bärenhintern einsammeln. Trotz der etwas einfach gehaltenen Story bietet Inquisition auch den eingefleischten DA-Fans einiges. Einzelne Wissensbrocken können in der Welt zusammengesucht und im Codex angeschaut werden.
Um es gleich zu sagen: Das Spiel ist riesig. Gigantisch. Exorbitant. Es gibt eine Weltkarte, über die man in die einzelnen Regionen reisen kann. Die erste Region, das Hinterland, ist grösser als das ganze Dragon Age 2. Unzählige Stunden lassen sich dort verbringen, in dem man die Karte aufdeckt und, Quests macht. Es nimmt einfach kein Ende! Dann kommt man in die zweite Region und die ist nochmals so gross! Und von diesen Regionen gibt es mehrere. Auch das Erkunden ist nett gemacht. Man kann sich jump’n‘run-mässig Passagen durchs Gebirge suchen oder den Klippen entlang gehen. Auch nach ein paar Stunden entdeckt man plötzlich wieder einen neuen Pfad zu einer neue Location.
Und das Erkunden lohnt sich, ob zu Fuss oder hoch zu Ross (oder Dracolisk oder Elch oder Nug). Es gibt Quests zu entdecken, Monster zu besiegen und Loot einzusacken. Quests gibt es massenhaft. Die gehen von „Bring mal 10 Otternasen nach Redcliffe“ bis hin zu teilweise haarsträubend schwierigen Sterne-Puzzles, bei denen man Sterne miteinander verbinden muss, ohne die gleiche Linie zweimal zu ziehen.
Kampf wird gross geschrieben in Inquisition. Kämpfe finden an jeder Ecke statt. Sie reichen von lästig bis fordernd, zumal man zu Beginn einfach in Hochlevel-Zonen reinspazieren kann und dann dementsprechend aufs Maul kriegt. Wirklich taktisch werden die Fights eher bei sehr grossen Gegnern (und welche das sind, ist auch äusserst schwierig herauszufinden…)
Die Kämpfe lassen sich in Third-Person-Ansicht wie ein Actionspiel steuern oder per Strategiekarte wie in Dragon Age Origin Move für Move. Den restlichen Partymitgliedern kann per Tactic Screen gesagt werden, wie sie sich zu verhalten haben. Nützlich: Während des Kampfs kann einfach zwischen den einzelnen Heroen hin und her gewechselt werden.
Ein wichtiges Element unterscheidet DAI von allen anderen RPGs: Es gibt praktisch keine Heilzauber, nur Heiltränke. Das fällt am Anfang nicht so ins Gewicht, aber sobald die Gegner stärker zulangen, wünscht man sich so einen schönen D&D Heilzauber und nicht bloss eine Barriere, die einen Puffer an HPs bringt.
Es gibt ein Crafting-System, bei dem man Blaupausen von Gegenständen finden/kaufen muss. Anhand dieser Pläne kann man dann z.B. eine Vanguard Rüstung schmieden. Doch die Bausteine unterscheiden sich. Setzt man Sommersteine anstelle von Eisen ein, sieht die Rüstung nicht nur farblich anders aus, auch die Eigenschaften verändern sich. So lohnt es sich z.B. gute Waffen mit seltenen Bausteinen herzustellen, die aber erst einmal in der verlangten Grössenordnung gefunden werden müssen.
Der Kern von Dragon Age Inquisition ist der War-Table. Dort werden neue Gebiete freigeschalten und Inquisitions-Vorteile ausgewählt. Beim Abschluss von Quests erhält man neben EXP auch Power. Diese Punkte muss man einsetzen, damit man die Story weiterspielen kann. Zu Beginn kosten die neuen Areale ca. vier Punkte, später geht’s dann in die Dreissig. Wer aber Quests macht, dem gehen die Punkte nie aus, im Gegenteil. Die Inquisition macht auch Level (sehr langsam). Dadurch gibt es Vorteils-Punkte, die für allerhand Nützliches eingetauscht werden können. Von Zusatzdialog-Optionen bis zu besserer Ausrüstung. Jedes Mal, wenn ich so einen Punkt zum Ausgeben hatte, fühlte ich mich wie die Kinder bei 1,2 oder 3 mit ihren Plexiglasröhren vor der Preiswand.
Den Multiplayer-Teil habe ich noch keine Sekunde angeschaut. Man wählt einen vorgefertigten Charakter aus und macht mit drei Mitstreitern einen Dungeon-Run. So kann man bis lvl20 aufsteigen. Witzig? Vielleicht. Notwendig? Nicht wirklich.
Fazit:
Dragon Age Inquisition ist ein MUSS für jeden RPG-Liebhaber und vor allem für jeden, der sich bei Dragon Age 2 verstört an den Kopf gefasst hat. Es hat die Komplexität von DA:O und ist um ein Vielfaches grösser. Die Charaktere sind interessant, die Charakter-Quests unterhaltsam. Was mir wirklich auf den Wecker geht, sind die langen Ladezeiten. Die Grafik reicht von „WHOAWHOA“ bis „Naja…“, Landschaften sind sehr schön anzusehen, die Figuren erscheinen etwas datiert… Der Soundtrack ist fantastisch und epochal. Und nochmals: Das Spiel ist riiieeeesig. Für mich als Fantasy-Fan zweifellos DAS Spielerlebnis diesen Jahres. Diese Kombination von Tiefgang, Grösse und Freiheit gab es bislang im Fantasy-Bereich nicht. Wer seinen Gamer-Partner oder Partnerin über Weihnacht-Neujahr loswerden will, legt Dragon Age Inquisition unter den Weihnachtsbaum.
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