Was macht ein Soulslike zu einem Soulslike? Auf diese Frage geben viele Leute ebenso viele unterschiedliche Antworten. Der Schwierigkeitsgrad, die Rollenspielmechaniken, die tiefe und oft kryptische Geschichte, eine Kombination all dessen oder etliche andere Gründe. Diese Vielfalt macht dieses Genre auch so ansprechend. Dolmen vom brasilianischen Studio “Massive Work” versucht sich an diesem Genre, scheitert aber leider in den meisten Belangen.
Die Geschichte und deren Erzählweise orientiert sich offensichtlich an den Genregrössen von From Software. Neue Bruchstücke der Story erfährt man über Terminals die in der Spielwelt verteilt sind. Es geht um die titelgebenden Dolmen. Diese Kristalle sind äusserst rar und nur auf einem einzigen Planeten zu finden. Sie verfügen über eine einzigartige Eigenschaft, denn sie können die Grenzen zwischen verschiedenen Realitäten verschwimmen lassen. Es geht um diese Realitätsverschiebungen, uralte Alienzivilisationen und die Gier von Korporationen. Die Story fällt jedoch fast komplett flach. Die kurzen Texte sind an sich schon wenig interessant und als Ganzes ist die Erzählung wenig kohärent.
Das Gameplay und dessen Loop sind altbekannt. Gesundheit wird durch Items wiederhergestellt die begrenzt sind, aber an jedem Kontrollpunkt wieder aufgefrischt werden. Dies gilt auch für alle Gegner die man bereits besiegt hat. Alle Aktionen, vom Blocken über leichte oder schwere Angriffe bis zum Sprint benötigen Ausdauer und ein geschicktes Management. Mana gibt es in diesem Sci-Fi Setting nicht, hier dreht sich alles um Energie. Diese wird benötigt um mit Schusswaffen zu ballern, was sie allerdings nur temporär verbraucht. Das gilt auch für den Energiemodus, mit welchem man seine Nahkampfangriffe mit Elementareffekten für einige Augenblicke verbessern kann. Energie braucht man auch zur Heilung. Die Items zur Energiewiederherstellung sind aber wie bereits erwähnt von Kontrollpunkt zu Kontrollpunkt begrenzt.
Obwohl Dolmen alle Zutaten eines Soulslike hat zeigt sich schnell, dass der nötige Feinschliff fehlt. Einen gewünschten Gegner anzuvisieren oder das Ziel zu wechseln ist eine ziemliche Frickelei. Sollte der Feind nicht komplett im Bild sein, egal ob er einem nicht sogar schon in den Hintern tritt, dann lässt er sich nicht anvisieren. Das ist einer der Gründe, warum sich die Kämpfe nicht wirklich rund anfühlen. Alles wirkt ungenau und sogar die Hitboxen der eigenen Figur und einiger Gegner sind nicht ganz passend. Sowas wie ein Trefferfeedback der Nah- und Fernkampfangriffen gibt es fast nicht, wodurch sich alles mehr nach LARP oder Paintball anfühlt, als Kämpfe ums nackte Überleben.
Viele Gegner, Bosse inklusive, haben offensichtlich ihre liebe Mühe, wenn man sie im Fernkampf attackiert und kennen dann fast augenblicklich nur noch ein einziges, sich wiederholendes Angriffsmuster. Man weicht also den immer gleichen Angriffen aus, ballert ohne Unterbruch und innert Kürze ist der zuvor noch so angsteinflössende Obermotz Geschichte. Das ist weder fordernd, noch allzu unterhaltsam. Generell gilt jedoch, dass man durchaus Spass mit Dolmen haben kann, wenn man sich an das Kampfsystem gewöhnt hat und sich bewusst ist, dass hier Indie Entwickler ohne grosses Budget am Werk waren. Das zeigt sich nicht nur im Spiel selber, sondern spiegelt sich auch in dessen niedrigerem Verkaufspreis wieder.
Das System zum Aufleveln hat man auch fast 1 zu 1 von From Software kopiert. Hier fehlt es aber an wichtigen Informationen. Was ein bestimmtes Attribut bewirkt erfährt man nur durch die daraus höheren Statuswerte. Das ist alles ziemlich undurchsichtig. Neue Ausrüstung werden exklusiv durch Crafting hergestellt. Besiegte Gegner oder Objekte in der Spielwelt hinterlassen lediglich eine Menge Ressourcen. Dabei ist alles generell in drei Richtungen ausgelegt, anhand welcher man sich orientieren kann. Nur drei Rüstungssets sind jedoch definitiv zu wenig, um wirklich gross experimentieren zu können.
Besonders im technischen Bereich zeigt sich, dass die Massive Work Studios noch einiges zu lernen hat. Die grundlegend unterschiedlichen Designs der Waffen und Rüstungen der drei primären Alien-Fraktionen sind cool und wenn sich mehrere Realitäten überschneiden, führt das zu interessanten Überlappungen und Levels. Die grafische Fidelität und die Framerate fallen dafür sogar auf einer Xbox Series X eher bescheiden aus, egal für welchen Grafikmodus man sich entscheidet. Die Musik an sich ist unauffällig und die englische Sprachausgabe so selten, dass es schwierig ist, sich ein Urteil darüber zu bilden.
Dolmen kann auch zu Dritt im KoOp-Modus gespielt werden. Allerdings war dieser zum Zeitpunkt unseres Tests noch nicht aktiv und wird erst kurz vor dem offiziellen Release aufgeschalten. Der scheint sich aber nur auf Bosskämpfe zu beschränken. Falls das Spiel in Sachen Multiplayer künftig noch massgeblich verändert wird und damit die Wertung beeinflussen würden, dann würden wir diesen Abschnitt später selbstverständlich noch ergänzen und unsere Note anpassen.
Fazit:
Dieses Review liest sich negativer als es sein müsste. Massive Work Studios hat mit Dolmen ein Spiel entwickelt, dass auf jeden Fall viel Potential hätte, mit vielen interessanten Design-Ideen. Es fehlt jedoch noch an allen Ecken und Enden, beim Gameplay wie auch der Technik. Ich kann nur hoffen, dass sie dran bleiben und ihr Projekt weiter ausarbeiten. Mit genügend Zeit und einem etwas grösseren Budget könnten sie auf jeden Fall einen Hit auf die Beine stellen, da bin ich mir jetzt schon sicher.
Wir haben Dolmen auf Xbox Series X getestet. Das Spiel ist auch für PS4/5, Xbox One und PC zu haben. Das Test-Muster stammt von von Prime Matter via Koch Media, wofür wir uns herzlich bedanken!
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