Was unterscheidet Crysis von Wing Commander? Ersteres wird nach wie vor mit Fortsetzungen beglückt. Ansonsten definiert heute Crysis neue Grafikstandards, wie das früher Chris Roberts mit seiner Weltraumsaga zu tun pflegte. So auch der dritte Teil der Alien-Ballerei?
Man sollte meinen, wir hätten den Aliens in den vergangenen beiden Teilen den Gar ausgemacht. Doch weit gefehlt: Immer noch huschen die Ausserirdischen durch die Büsche und machen Jagd auf die armen Zukunfts-New Yorker. Viel schlimmer noch, den wiederaktivierten Propheten plagen Visionen einer noch schrecklicheren Zukunft. Nur gut und recht, dass der wackere Held aus dem ersten Teil sich der Sache annimmt. Also den Nano-Anzug wieder ausgepackt und los geht’s ins Getümmel.
Wer die ersten beiden Teile verpasst hat, sieht sich zuerst eine kurze Zusammenfassung der bisherigen Geschehnisse an. So ist der zukünftige Held gleich wieder im Bilde, was alles zur fast vollständigen Zerstörung der Welt geführt hat und wieso in den darauf folgenden halben Dutzend Spielstunden diverse Tode gefordert werden. Serien-Neulinge wenden sich zudem ans optisch ansprechende virtuelle Tutorial und erkunden die Fähigkeiten ihres auf Alien-Technologie basierenden Anzuges, üben den Umgang mit den Schiesseisen und werfen Granaten.
Durchs Spiel leitet uns ein alter Kamerad, der uns immer wieder von Shooter-Einheitsbrei ablenkt und die Geschichte drum herum interessanter verpackt. Insgesamt überzeugt der dritte Teil von Crytek’s Saga in der erzählerischen Schiene merklich mehr als zuvor. Dennoch wäre hier, wie bei fast allen Titeln des Genres, noch mehr möglich gewesen.
Technisch erwarten wir von der Cryengine weniger Höhenflüge, als das noch beim zweiten Teil der Fall war. Unter Umständen ist das mit ein Grund, weswegen man bereits zu Beginn äusserst positiv von der audio-visuellen Präsentation überrascht wird. Gleich beim Start steht der Prophet mitten im Sturmregen, um ihn herum wogen die Wellen des Meeres. Das Nachtszenario wird mit beeindruckenden Lichteffekten erhellt. Nach wenigen Sekunden kriegt der Spieler Lust auf mehr. Ein deutlich imposanterer Einstieg in die Cry-Welt als beim Vorgänger. Der hohe Standard wird übers ganze Spiel gehalten. Leider erledigt der gute Alien-Jäger seine Missionen viel zu häufig in nächtlichen Momenten, das ist schade. Gerne hätten wir die hübsche Grafik auch bei Tageslicht öfters gesehen.
Spielerisch bewegt sich Crysis 3 auf demselben hochstehenden Level wie der zweite Teil. Der Nanosuit macht Spass und ermöglicht dank energie-zehrender Unsichtbarkeit oder massiverer Panzerung ein, verglichen mit der Genre-Konkurrenz, differenziertes Spielgefühl. Ähnlich wie in FarCry 3 wird der Anzug nach Möglichkeit an diversen Stellen verbessert um beispielsweise die mögliche Tarn-Zeit herauszögern zu können. Ansonsten bieten sich oft diverse Wege an. Ob der Spieler sich eher schleichend und getarnt durch die meist linearen Levels bewegt oder auf John Rambos Spuren geht, bleibt ihm überlassen. Nahkampfattacken und der neue (im Verhältnis zu starke) Bogen unterstützen die Ninjas unter den Propheten. Ebenso dürfen Geschütze und Minenfelder gehackt werden; wie in diversen anderen Spielen geschieht dies durch ein kurzes und erstaunlich wenig störendes, gut integriertes Minispiel. Dank diverser lauteren Schusswaffen würde sich auch der bereits erwähnte Kriegsveteran aus Vietnam im Schlachtengetümmel heimisch fühlen. Umso mehr, da der „Spielplatz“ zwar einmal mehr New York ist, die Grossstadt aber komplett zerstört und mit Grünzeug überwuchert ist. Grafisch erstklassig verpackt, versteht sich.
Ein Spiel dieses Genres kommt heute nicht mehr in den Handel, ohne einen vielversprechenden Onlinemodus. Wie bereits sein Vorgänger, wird auch Crysis 3 seine Fans und Anhänger finden. Der grosse Unterschied zur Konkurrenz ist auch hier der Power-Anzug, welcher mit Supersprüngen und Unsichtbarkeit eine Variation in die üblichen Death-Match Schlachten bringt. Onlinefans werden auf Monate hinaus bestens unterhalten. Dank der eher kurzen Kampagne fast schon zwingend.
Fazit:
Crysis 3 ist besser und vor allem freier begehbar als sein Vorgänger, erreicht aber nach wie vor nicht die Klasse des Erstlings. Grafisch überrascht CryTek mit exzellenten Bildern, untermalt mit hervorragenden Lichteffekten und kernigen Waffensounds. Selbst auf den Konsolen macht die Ballerei eine überzeugende Figur, wenn auch mit klaren Abstrichen gegenüber einem fünfmal so teuren Spiele-PC. Was bleibt ist ein hervorragender Egoshooter, verpackt in einer interessant erzählten Geschichte. Nach Innovationen schreiende Gamer werden kaum ruhig gestellt, ein auf der ganzen Linie überzeugender First Person Shooter bleibt es allemal.
Comments