Let’s play CoD on the go - oder auch nicht. Das neuste Call of Duty, nun für die PS Vita, wurde von nStigate Games, ehemals Nihilistic Software, entwickelt und von Activision herausgegeben. Bei der Ankündigung dieses Titels wurde viel versprochen, doch wurde es auch gehalten?
Spiel rein und Vita anschalten
Black Ops: Declassified lädt in der Vita-typischen Geschwindigkeit und heisst den Spieler mit einem gut gestalteten Menü willkommen. Bevor man starten kann, erscheint die Nachricht, dass der Spieler doch trotz viel Erfahrung in Ego-Shooter das Tutorial spielen sollte, um sich mit der „einzigartigen Steuerung“ auf der Vita vertraut zu machen. Ok, soweit fühlt man sich schon mal gut aufgehoben.
Das Tutorial besteht dann aus netten Kartonschablonen, die man mit einer Pistole abschiessen darf, während immer wieder Instruktionen eingeblendet werden. Funktioniert soweit ganz gut. Bis man dann im Innenhof zuerst die falsche Waffe aufnimmt und das Spiel Probleme bekommt und das Tutorial nicht mehr weiterläuft. Also gut, nochmals starten und diesmal genau den Anweisungen folgen. Jetzt geht es. War das nur ein einmaliger Fehler? Gehen wir zu der Einzelspielerkampagne.
Was als erstes auffällt, ist eine Introsequenz mit Voiceover, bei der die Kamera über mehrere Dokumente fährt. Sieht noch gut aus, aber die Story ist abstrakt und zusammenhangslos. Klar es ist kein RPG, aber ein bisschen mehr hätte man von einem Spiel der Call of Duty-Reihe erwartet. Das Spiel hat dann noch eine weitere unangenehme Überraschung auf Lager: eine nicht überspringbare Introsequenz direkt bevor die Mission startet. Ein schlechtes Omen.
Die Mission beginnt und es ist ein einziges Schlachtfeld. Der Spieler stolpert von Raum zu Raum und bereits nach wenigen Räumen ist es zu offensichtlich. Die Auslöser von Spielevents sind sehr plump und voraussehbar: In jedem Raum befinden sich beim Eintreten entweder fünf Gegner, die in einer fixen Reihenfolge nacheinander oder auch gleichzeitig auf den Spieler schiessen; oder es sind zwei Gegner, die wegrennen; oder es sind fünf Gegner, die in einer fixen Reihenfolge nacheinander… Konzept erkannt?
Das Spiel wurde offensichtlich von einem Zwangsneurotiker mit Gegnern bestückt. Jeder Raum besitzt eine Anzahl von Gegner, die ohne eine sinnvolle Strategie oder auch nur einem Hauch von Teamwork auf den Spieler schiessen und manchmal sogar in Wellen auftauchen. Dies stellt teilweise eine grössere Herausforderung für den Spieler dar, da er plötzlich fünf Gegnern gegenübersteht, während es häufig auch zu langweilig ist, da man praktisch einen Gegner nach dem anderen erschiessen muss, damit der nächste überhaupt kommt. Dennoch, gerade weniger geübte Shooter-Spieler werden sich häufig und unvermittelt vor einem schwarzen Bildschirm wiederfinden und dürfen dann die gesamte Mission nochmals spielen, denn Nihilistic hat komplett auf Speicherpunkte verzichtet.
Als wäre das nicht genug, gibt es bereits in der zweiten Mission ein Zeitlimit, gepaart mit Geiseln, die nicht sterben dürfen, und am Ende der Mission muss der Spieler einen Luftschlag durch eine bisher nicht erklärte Steuermechanik auslösen. Versteht man diese nicht auf Anhieb, darf man das gesamte Level nochmals spielen. Von durchdachtem Leveldesign fehlt jede Spur. Da scheint es fast schon positiv, dass eine Mission nur zwischen zwei bis zehn Minuten dauert. Leider (oder zum Glück) macht das bei einem guten Spieler eine Gesamtspielzeit von gerade mal einer Stunde. Für einen Vita-Vollpreistitel ein Schuss ins eigene Fleisch.
Als absoluter Overkill: Künstliche Intelligenz! Von Intelligenz keine Spur: Die Gegner rennen ziellos herum oder rennen an dem Spieler vorbei, während sie auf ihn schiessen. Häufig erkennen sie den Spieler auch schon durch Wände und schiessen auf ihn, ohne ihn sehen zu können. Oder sie machen einfach gar nichts, obwohl auf sie geschossen wird. Gratulation Nihilistic! Eine derart schlechte KI gab es schon lange nicht mehr.
Die Suche nach Lichtblicken – Die Steuerung? Leider gibt auch hier keine guten Noten. Die Steuerung fühlt sich schwammig an. Die automatische Zielerfassung auf der L-Taste ist eine Mischung aus zu einfach und unzuverlässig. Elemente auf dem Touchscreen wurden wohl mehr nach „Wir haben einen Touchscreen, also brauchen wir ihn auch“ ausgelegt und sind nicht wirklich intuitiv. Granaten müssen auf den Bildschirm gezogen werden, während ein Luftschlag oder ein Killstreak kurz angetippt werden muss; und wenn man sonst irgendwo auf den Bildschirm tippt, führt man eine Nahkampfattacke aus. So kommt es gerade im Multiplayer häufig zu Frustration, wenn man eine Nahkampfattacke ausführt beim Versuch, den Killstreak zu aktivieren.
Timetrial? Survivial? Irgendetwas Gutes? Enttäuschung, Enttäuschung und nochmals Enttäuschung. Timetrial besteht aus Kartonschablonen und daher schon deutlich uninteressanter, denn das einzige, was schneller fade wird als eine schlechte KI, ist gar keine KI. Survival ist die gesamte frustrierende Erfahrung des Single-Players in konzentrierter Form: regelmässige Wellen von Gegnern, die mit Wallhack und schlechter KI ausgestattet sind, und in sehr kleinen Gebieten niedergemetzelt werden müssen, wobei man früher oder später sowieso stirbt.
Multiplayer
Die Hauptmotivation für die meisten Käufer dürfte der verlockende Gedanke eines Multiplayerspiels für unterwegs gewesen sein. Doch das ist leider auch hier gespickt mit Problemen. Das erste Problem offenbart sich schon mal beim Versuch, überhaupt in ein Spiel zu kommen. Hat man das dann geschafft, was bis zu einer Viertelstunde dauern kann, ist zu hoffen, dass man im Spiel bleibt. Hat man dann den Kampf gegen die Konnektivitätsprobleme gewonnen, findet man sich in einer von sechs sehr kleinen Arenen wieder. Diese sind so klein, dass man trotz maximal acht Spielern entweder im Zielkreuz eines Gegners oder mit einem Gegner im Zielkreuz spawnt. Damit dann das ständige Sterben auch noch weniger Spass macht, hat es noch Bugs und Glitches, sodass man schnell mal irgendwo an der Levelgeometrie hängen bleibt. Dass da kein Spass aufkommt, ist buchstäblich vorprogrammiert.
Fazit:
„Ich spiele gerne Ego-Shooter und habe daher keine Anforderungen an ein Spiel“. So oder so ähnlich scheint Nihilistic offensichtlich gedacht zu haben. Das Spiel ist schlussendlich eine einzige Zumutung an die Fans, angefangen bei dem extrem schlecht designten Singleplayer, der sinnfreien KI, der schlechten Steuerung bis hin zum unzuverlässigen Multiplayer. Ganz klar war das Ziel, möglichst viel Geld mit dem Hype um den Call of Duty-Namen zu machen. Schade, denn Black Ops II zeigt, wie man richtig Geld macht: mit einem hochwertigen Spiel für eine treue und anspruchsvolle Fangemeinde.
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