Mit Bravely Default wurde uns damals ein wirklich schönes J-RPG präsentiert. Zugegeben, gespielt habe ich es nie, aber ich war damals allein schon von den Videos und den ganzen Reviews wirklich sehr angetan. Heute schauen wir uns das Sequel an und bewerten, ob es sich als ein würdiger Nachfolger erweist.
Für Menschen welche den Vorgänger nicht kennen, präsentiert das Spiel als Einleitung sogleich die komplette Story inklusive deren Ausgang als kompakte, aber doch leicht verständliche Zusammenfassung. Somit ist man mit Informationen bestens versorgt und kann sich auch gleich ins Abenteuer stürzen, ohne dass einem eine Wolke Fragezeichen über dem Kopf schwebt. Angesetzt ist die Story einige Jahre nach den Ereignissen des ersten Teils und sie ist in verschiedene Kapitel unterteilt.
Los geht es natürlich mit dem Prolog und dem Zusammentreffen mit dem Erzfeind während einer rituellen Zeremonie. Wie jeder gute Geschichtenschreiber in seiner Ausbildungszeit gelernt hat, wird der Erzfeind wie der ultimative Supersoldat konzipiert. Keiner kann ihn aufhalten und er mäht alles nieder was ihm in die Quere kommt. Auch darf nicht fehlen, dass unsere Hauptprotagonistin, Päpstin Agnes, entführt wird. Die Gruppe nun komplett annihiliert, blendet es über zu unserem Helden. Dieser kommt nach einigen Tagen Bettruhe wieder zu sich und alle sind heil froh darüber. Alle anderen, wie es das Schicksal so will, sind von dieser jenen Welt radiert worden. Mit Selbstvorwürfen nur so gefüllt macht sich unser Held so gleich an den Ort des schicksalhaften Geschehens und kann es noch immer nicht glauben. Seine Freunde erscheinen und erzählen was in der Zwischenzeit alles so geschehen ist. Wie sich das nun alles so fügt, beschließt er kurzer Hand die Päpstin Agnes und das Land von dem Tyrannen selbst zu befreien. Seine Freunde begleiten ihn, wenn auch anfangs recht zögerlich, bei dem Vorhaben.
Man liest es bereits: Es ist die klassische Geschichte "Gut gegen Böse". Der Geschichtenschreiber hat sich allerdings wirklich Mühe gegeben. Im Laufe der Story gibt es ein Wechselbad der Gefühlsübermittlung. Von Freundschaft und Verrat, Intriegen und Lügen, Komödie und Ernsthaftigkeit ist alles dabei. Immer passend, immer sehr abwechslungsreich. Es bereitet Freude die Story zu lesen und zu hören. Sehr recht, das Spiel ist, ebenso wie sein Vorgänger, durchgängig auf Englisch synchronisiert. Die Hardcore J-Fans bekommen indes sogar noch die japanische Orignalvertonung dazu. Beide Synchronisationen sind wirklich sehr hochwertig. Die Bildschirmtexte sind quasi komplett auf Deutsch. "Quasi" aus dem Grunde, da eine gewisse Person öfters mal "ausländisch" redet, da sie doch von (wirklich) sehr weit weg herkommt. Das bedeutet, in der originalen Vertonung spricht sich hin und wieder Englische Wörter, welche in der deutschen Lokalisierung im Text in Französisch dargestellt werden. Anfänglich doch etwas befremdlich wirkend, fällt es nach einer Weile nicht mal mehr wirklich so auf. Vor allem, da man wirklich gut merkt, wenn dieser Charakter überrascht wirkt. Mein Lieblingsspruch von ihr: "Ah, la vache!"; einfach herrlich!
Die Spielmechanik gilt es etwas genauer zu Untersuchen, denn sie ist nicht gerade auf Anhieb zu verstehen. Zuerst einmal werden neue Steuerungselemente mit Fortschritt im Spiel freigeschaltet. Dies präsentiert sich schön mit einer Anleitung, was alles zu beachten sei. Nun, anfangs ist es noch recht überschaubar, wird aber mit der Zeit immer mehr. So lernen wir im weiteren Verlauf verschiedene Berufe kennen, die unsere Helden ausüben können. Berufe können in dem Spiel als so etwas wie Skill-Sets beschrieben werden. Wird der Zauberer gewählt, so kann Magie und entsprechende Fähigkeiten benutzt werden. Der Kämpfer glänzt durch sein Waffengeschick und mächtig Bumms. Dazu gesellen sich Sondereigenschaften, welche bei steigender Berufserfahrung (aka Level) hinzukommen.Obendrauf darf noch ein Beruf als eine Nebenfertigkeit ausgewählt werden. Damit aber nicht genug! Spezialattacken gibt es auch noch! Puh, ganz schön viel auf einmal, nicht wahr? Wirklich praktisch, dass unser Held Tagebuch führt. Dies eröffnet uns die Möglichkeit alles genannte einfach bei Bedarf nachzuschlagen. Es wäre auch sonst etwas viel verlangt selbst Buch darüber zu führen und eine gedruckte Spielanleitung wäre sicher so dick wie das örtliche Telefonbuch.
Der liebe Leser wird sich spätestens jetzt wundern warum sich das mit der Zeit häuft. Also, während des Spiels gibt es verschiedene Schlüsselmomente. Dabei gilt eine ziemlich mächtige Person (Freund oder Feind (bzw. Ex-Kamerad)) zu besiegen. Wenn ich mächtig sage, dann meine ich das auch wirklich. Manche von denen Begegnungen können zwar direkt gewonnen werden, wenn nicht, so wie ich meist, passiv, d.h. ohne viel Gegnergemetzel und somit ohne viel leveln, gespielt wird, aber manchmal nützt auch das aktive Gegnermetzeln nichts, da müssen dann einfach mal noch zwei, drei Level extra gemacht werden. Jedenfalls, nachdem ein solcher Gegner nun bezwungen ist, wird ein Asterisk freigesetzt, den sich unser Held natürlich schnappt. DIeser repräsentiert die Haupteigenschaft, anders ausgedrückt den Beruf, dessen. Ist also ein Magier besiegt worden, so kann in Zukunft Magier als Beruf gewählt werden. Soviel also dazu.
Die Kämpfe selbst basieren auf Runden und Taktik. Ausgelöst werden jene per Zufall durch einfaches herumlaufen in Gebieten außerhalb von Örtlichkeiten. Wie auch schon beim Vorgänger lassen sich die Begegnungshäufigkeiten einstellen. Im Vorfeld lassen sich Gruppenmitglieder, wie bei anderen RPGs, klassich mit allerlei Equipment ausrüsten und Feldpositionen zuweisen. Für Berufe bedarf es, je nach Gebiet, Gegnertyp und mitgeführtem Inventar, sorgsamer Wahl. Falsch gewählte Berufe können schnell zur Niederlage in der Schlacht führen. Wem dies alles zu umständlich klingt, dem sei gesagt: Im Verlaufe des Spiels gibt es eine Speichermöglichkeit für Charaktersetups. Dies spart Zeit und schont die Nerven. Ansonsten sind die Kämpfe einfach und ähnlich zum ersten Teil. Mit "Default" wird in defensive Haltung gewechselt und baut damit "Brave-Punkte" (BP) auf. Die können am einfachsten als "Angriffspunkte" umschrieben werden. Natürlich steht es einem frei einen initialen Zug zu machen und dafür entsprechende negative Punkte zu bekommen.
Dies hat aber zur Folge, dass so lange ausgesetzt wird, bis neutral null wieder erreicht wird. Die Brave-Punkte nun können einfach oder kombiniert eingesetzt werden. Anders ausgedrückt: Wer wartet macht mehr Bumms, muss aber auch mehr einstecken; ein zweischneidiges Schwert. Als, ich denke, neues Element gibt es "Bravely Second". Dabei wird im Spiel die Start-Taste gedrückt, um die Zeit anzuhalten (sinnig, oder?). Jede Attackte wirkt als kritischer Treffer und anstatt BP werden SP verwendet. Diese laden sich aber nur beim Spielen oder Standby auf. Alle acht Stunden gibt es einen, maximal aber nur drei. Wem das zu lang ist, der darf sich gegen echtes Geld SP Tränke kaufen. Klingt kontrovers, dennoch ist der Markt offensichtlich vorhanden. Und mittels "Auslösern" kann festgelegt werden, wie die Spezialattacken, so werden berufsspezifische Sonderattacken genannt, aktiviert werden. Nach dem Kampf gibt es optional noch eine Art "Battle Royal". Weitere Herausforderer können erscheinen und der Spieler entscheidet, ob er gegen diese antreten mag. Als Preis gilt eine Verfielfachung der Erfahrungspunkte für Beruf und Character; wer verliert geht leer aus.
Das Spiel setzt außerdem auf Online-Society. Darauf kann ich jetzt nicht näher eingehen, da ich unlösbare Probleme mit dieser Funktion habe. Das Prinzip ist, dass Freunde (oder Unbekannte) hinzugefügt werden können, welche dann, mittles einer Ruffunktion, mit einem Kämpfen können. Dies kann die ganze Sache noch ein Ticken interessanter machen. Mich hat zwar auch einer hinzugefügt, laut Systemmeldung, aber ich komme einfach nicht raus ins Netz, obwohl meine Internetverbindung sauber funktioniert. Ohne weitergehende Fehlermeldung kann ich da auch leider nichts dran ändern.
Neben dem Kampfsystem, dessen Umfang hier den Rahmen sprengen würde, gibt es noch Nebenläufigkeiten. So soll zum Beispiel eine Mondbasis aufgebaut werden. Dies dauert allerdings, da es in Echtzeit geschieht. Es gilt auch hier: Standby oder während des Spielens. Als Belohnung winken verschiedene Kampf-Attribute, Trigger für die Auslöseaktion der Spezialfähigkeiten und mehr. Wer zudem unter Langzeitgedächtnisschwäche leidet oder einfach nur eine zu lange Spielpause eingelegt hat, der kann mit der Päpstin Agnes kommunizieren. Sie gibt dann Hinweise wo hin die Reise geht, mit wem man reden sollte uvm. . Ach ja, "Partygespräche" gibt es auch noch. Dies sind Mini-Events bei denen die Gruppe einfach Slice-of-Life Themen, meist zur aktuellen Situation, austauscht; kennt ihr sicher von Tals of Xillia.
Nun, kommen wir zur graphischen Präsentation. Jene ist wirklich etwas "originell" gehalten. Es stell sich dar wie die damaligen isometrischen 3D-RPGs (u.a. Landstalker, Dark Savior) und wer den 3D-Effekt aktiviert, der kommt sich vor als ob er durch ein Puppenhausfenster linst und seine Püppchen fernsteuert. Damit will ich ausdrücken, dass der 3D Effekt wirklich gut umgesetzt wurde. Das erwähnte "originelle" sind meiner Meinung nach die Texturen. Anstatt uns "harte", sowie realitätsnahe hochauflösende Texturen zu präsentieren, werden hier Texturen verwendet, welche einem "weich" ins Auge gelegt werden. Sie geben den Eindruck wieder, aus einem handgemalten Bilderbuch ausgeschnitten und auf die Polygonklötze sanft geklebt worden zu sein. Persönlich gefällt mir das sehr gut. Gegner und Charakter zeigen sich normal als 3D-gerenderte Modelle mit sauberen, klaren Texturen. Die aus dem Vorgänger bekannte "Lollipop"-Darstellung (ähnelt an "Evolution" von der DC) für die meisten humane Wesen mag zwar nicht jedem sein Fall sein, aber drollig sieht's wahrlich aus und lässt trotzdem keine Emotion zur erklungenen Sprache missen. Die Monster sind ebenfalls vielfältig, sowie auch lustig anzusehen. Zum Beispiel gibt es Apfelmännchen, welche euch mit seinen Körperteilen (Apfelviertel) attackieren oder Nintendo-gerechte Harpien (sie tragen Fell-BHs (oder es sind "Brusthaare")).
Tontechnisch ist Bravely Second auch mit ganz vorne dabei. Sehr gute Sprachausgabe und schöne Musikuntermalung. Die Musik dient im Kampf sogar noch als Indikator, wie im Vorgänger, wie lange Spezialattacken andauern. Alles insgesamt gut gelungen und umgesetzt.
Fazit:
Ich muss echt sagen, das Spiel gefällt mir durch die Bank weg. Es fällt mir echt schwer irgendwas richtig Negatives zu finden. Klar, die Online-Funktionen gehen jetzt nicht, aber das kann auch an meiner Firewall liegen. Ohne eindeutige Fehlermeldung jedenfalls kein weiterkommen. Diese Nichtigkeit zum Trotz, das Spiel weiß zu gefallen. Schöne Musik und Graphik, eine Story die sich langsam, aber stetig entfaltet und Charakterentwicklung, die nicht aufgezwungen wirkt. Die Spielzeit an sich schätze ich schon jenseits der 30h ein. Der Prolog selbst hat schon knapp über 4h in Anspruch genommen. Jedem der ein schön gemachtes J-RPG mag, dem sei das Spiel wärmstens empfohlen; es ist ein würdiger Nachfolger.
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