EA hat nach zahlreichen Verschiebungen Army of Two endlich fertig gestellt. In unserem Redaktions-Trainingslager haben wir dem Söldner-Duo ausgiebig über die Schulter geschaut. Kann ein Spiel mit so deutlicher CoOp-Ausrichtung auch alleine Spass machen?
In Army of Two dreht sich alles um die beiden Protagonisten Rios und Salem, welche zu Beginn im Dienst der US Rangers stehen. Nach einem Tutorial und einem Einsatz in Somalia beschliessen sie aber, ihr künftiges Dasein als Söldner zu fristen und kommen dabei von einem realen Kriegsschauplatz zum anderen. So bereist ihr etwa Afghanistan oder den Irak, um dort Aufgaben zu erledigen, die der Armee zu dreckig sind. In der klassischen 3rd-Person Perspektive zieht ihr dabei in den Krieg und bekämpft so die Taliban, chinesische Milizen oder auch Iraqis.
Klingt im ersten Moment wie ein weiterer 08/15 Kriegs-Shooter, doch wie kaum ein Titel zuvor, setzt Army of Two auf CoOp-Gameplay. Im Mittelpunkt des Konzeptes steht die so genannte Aggro, die im Grunde auch mit 'Aufmerksamkeit' übersetzt werden kann. Ballert nämlich ein Spieler wild um sich, konzentrieren die Feinde das Feuer auf den Störenfried und sein Kumpel wird quasi unsichtbar, während der aktive Spieler rot zu glühen beginnt. So kann man geschickt feindliche Stellungen umgehen oder einen Geschützturm flankieren und ausheben. Da ihr die Spielfigur im Kampf nicht wechseln könnt (ihr legt euch zu Beginn der Kampagne auf Rios oder Salem fest), müsst ihr euch oft auf die KI verlassen und dürft dabei auch Befehle geben, wie z.B. Folgen, Sammeln, Feuer eröffnen (Aggro auf sich ziehen) oder ruhig verhalten.
Wirklich perfekt klappt dies nicht immer und die KI vergisst auch schon mal, das Feuer auch aufrecht zu erhalten. Besonders dumm ist dies, wenn ihr euch gerade um das Lager geschlichen habt und plötzlich die gesamte Feindschar euch das Mündungsfeuer zuwendet. Zur Sicherheit sollte man also immer das Aggro-meter im Auge behalten und falls nötig den gewünschten Befehl erneut geben. Im Kampf selbst erweist sich die KI als sehr zielsicher (die Feinde mehr als euer Partner) und auch halbwegs robust (auf beiden Seiten). Neben dem Aggro-Feature gibt es auch zahlreiche CoOp-Moves, wie Räuberleiter, „Tandem Sniping“, Waffentausch, mit einem Schild dem anderen Deckung geben oder auch Heilung. Quasi an jeder Ecke ist Teamplay möglich und meist auch gefragt - am coolsten kommen dabei die Rücken-an-Rücken-Shoot-Outs rüber, bei denen ihr in Zeitlupe anstürmende Gegner, wie in einen John Woo-Film, abballert.
Wenig Nutzen, aber irgendwie trotzdem cool: Ihr könnt auf Knopfdruck eurem Kumpel eine Kopfnuss verpassen oder ihn abklatschen und Luftgitarre (Gewehrgittare?) spielen. Leider aus dem fertigen Spiel geflogen sind hingegen zahlreiche Stellen, bei denen ihr zu zweit in einem Fahrzeug unterwegs ward. Geblieben ist lediglich ein Luftkissenfahrzeug samt MG. Bei den Einsätzen verdient ihr Geld, welches ihr regelmässig in die Verbesserungen der Ausrüstung stecken könnt, die nicht immer rein statistischer Natur sein müssen, sondern auch optisch sehr cool rüberkommen können. So kann man seine AK-47 etwa golden einfärben, womit der Schiessprügel ungleich cooler wirkt. Dieses Feature passt wunderbar zum Stil des Spiels - Kritiker mögen zwar das Machogehabe und die extreme Schwarz/Weiss-Malerei bei der dünnen Story bemängeln, aber dadurch erinnert der Titel auch irgendwie an einen guten, alten Action-Film der 80er-Jahre.
Grosse Sozialkritik, tiefgehende Gefühle oder politische Korrektheit sucht man hier vergebens und bis auf überlegtes Vorgehen im Team werden eure grauen Zellen auch kaum gefordert. Für Stadtplanleser zeigt das Spiel auf Knopfdruck sogar den Weg in den ohnehin linearen Levels an – nur laufen müsst ihr noch selbst. GPS-Tracking, nennt man das. Somit kommt man in den acht Stunden Spielzeit relativ zügig voran. Klingt vielleicht wenig, aber zum Einen sind die Gefechte echt packend inszeniert und füllen die Spielzeit gelungen auf, und zum Anderen ändert sich eure Taktik auch kaum, weswegen 15 Stunden Spielzeit zwar auf dem Papier besser klingen würden, aber das Spielkonzept würde wohl unter so einer langen Spieldauer eher an Faszination verlieren - denn auch, wenn, wie oben erwähnt, zahlreiche Teammanöver möglich sind, in 80% des Spiels wendet ihr immer die gleiche Taktik an: Einer zieht die Aggro auf sich und der andere Spieler mischt die Gegner dann von hinten auf. Wem dies zu langwierig ist, der kann auf einfacheren Spielstufen auch den Rambo raushängen lassen und blind aus der Deckung herausballern. Deckung ist übrigens immer wichtig, den „Run and Gun“ war früher – seit Gears of War heisst das Motto „Hide and Shoot“. Nur an den Stellen, in denen euch ein schwer, gepanzerter Gegner an die Sido-Gedächtnis-Maske will, solltet ihr tunlichst auf die Feuerkraft des Partners zurückgreifen.
Es bietet sich ja quasi schon vom Titel her an: Army of Two kann man zwar alleine spielen, aber es macht deutlich mehr Spass, wenn es man mit einem Freund kooperativ zockt - wahlweise vor einem Fernseher via Splitscreen oder auch online. Letzteres ist natürlich deutlich angenehmer für die Augen, da ihr so einen Bildschirm für euch alleine habt, aber andererseits, wenn der Kumpel daneben sitzt, klappt die Kommunikation weit besser. In jedem Fall schlüpft je ein Spieler in die Haut eines Söldners und absolviert so die „Solo-Kampagne“ fortan zu zweit. Viele Stellen im Spiel verlangen dabei geplantes und kooperatives Vorgehen - auch, wenn ihr beispielsweise nur zwei Schalter gleichzeitig umlegen müsst. Weit anspruchsvoller sind da schon die Manöver, bei denen ein Spieler die ganze Aggro (Aufmerksamkeit) auf sich zieht, damit der andere einen Geschützturm umgehen kann - aber auch Räuberleiter Machen, Heilung oder Deckung Geben funktionieren nur im Team. Aktionen wie Rücken an Rücken sind dann das Sahnehäubchen des Titels und machen nicht nur Spass, sondern sehen auch fast so cool, wie in einem Action-Film, aus. Übrigens kann man einmal absolvierte Missionen im Menü jederzeit frei anwählen und erneut spielen - auch, wenn diese zuvor nur alleine freigespielt wurden.
Army of Two bietet noch einen anderen Multiplayer Modus: Versus! EA hätte natürlich ein simples Deathmatch einbauen können, doch man war dann doch etwas kreativer: Auf vier speziell gestalteten Karten treten jeweils zwei Teams gegeneinander an - aber nicht, um sich gegenseitig abzuknallen, sondern jedes Team muss versuchen, die vorgegebenen Ziele vor dem anderen Duo zu absolvieren. Die primären Ziele hängen dabei von der Art der gewählten Mission ab (Terroristen töten, Geisel befreien oder bestimmte Gegenstände zerstören), während sekundäre Ziele in den Levels verstreut sind und den üblichen „Sammle Dokumente auf“-Charakter haben, wie ihn Medal of Honor-Spieler wohl bereits zu Genüge kennen. Für jedes erfüllte Ziel gibt es Geld, und wer am Ende mehr Asche auf dem Konto hat, ist Sieger. Das Geld könnt ihr in neue Ausrüstung investieren und auf Leader-Boards könnt ihr euer Einkommen zudem mit jenem anderer Spieler vergleichen. Somit dient das Geld quasi als Punkte für euren Highscore. Für diesen Modus gibt es zusätzlich eigene exklusive Fahrzeuge für zwei Mann, während die Waffen aus dem Solo-Part bekannt sein sollten. EA hat also trotz des Namens „Versus-Modus“ den Team-Aspekt des Spiels nicht über Board geworfen, sondern konsequent ausgebaut und um den Faktor Zeit erweitert - denn selbst, wenn ihr euch gut absprecht, wird jener, der nicht schnell genug reagiert, trotzdem verlieren. Wichtig ist dabei also auch, dass ihr die Umgebung immer wieder nach neuen Wegen absucht und mit den Teamfähigkeiten so neue und schnellere Routen findet - denn Geld gibt es für jeden Auftrag nur einmal.
Auf der technischen Seite haben die Entwickler hingegen ganze Arbeit geleistet - auch, wenn man auf den ersten Blick wohl kaum die Unreal Engine 3 hinter dem Spiel vermutet. Nicht, weil die Grafik nicht gut genug wäre (ganz im Gegenteil), aber irgendwie sehen alle Spiele mit UE3 ähnlich aus, während Ao2 einen ganz eigenen Stil mit sich bringt und dabei trotzdem mit zahlreichen schönen Effekten protzt. Das abwechslungsreiche (wenn auch lineare) Leveldesign, gelungene Charaktermodelle, gute Sprachausgabe mit zahlreichen witzigen Wortgefechten der Protagonisten (auf Englisch aber deutlich besser), und die feinen Animationen runden den guten Gesamteindruck ab.
Fazit:
Das Spiel ist auf cool getrimmt und schon die Spiele-Disk hat Haare auf der Brust, so Testosteron-geschwängert ist der gesamte Spielablauf. Und da Männer gesellige, aber meist eher schlichte Wesen sind, konzentriert sich das Game auch vor allem auf Teamplay sowie Action und nervt nicht mit einer komplizierten Story oder Rätseln. Besonderes Lob verdient EA übrigens dafür, dass sich das Teamplay perfekt in das Spiel einfügt und auch im Solo-Modus nie wirklich aufgesetzt wirkt. Mission accomplished!
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