In einer Zeit, in der mehrheitlich online mit Fremden und manchmal Freunden gespielt wird und Couch-Koop langsam aber sicher ausstirbt, ist es erfreulich, dass mit A Way out endlich wieder einmal ein Vertreter dieser Gattung in unsere Wohnzimmer einzieht. A Way out ist ein Titel von EA, entwickelt durch Hazelight, welche uns bereits Brothers: A Tale of two Sons bescherten. Da es sich bei A Way out um einen reinen Koop-Titel handelt, tat ich mich mit einem Freund zusammen und beschritt ein Abenteuer, das wir so schnell nicht vergessen werden.
Zum Start der Kampagne müssen wir uns entscheiden, welchen Charakter wir nehmen wollen. Die Wahl ändert zwar nicht wirklich etwas an der Story und dem Spielverlauf, jedoch könnten die beiden Protagonisten nicht anders sein: Leo, seines Zeichens Hitzkopf und Schläger, entscheidet sich gerne einmal für die Faust ins Gesicht und radikalere Methode. Vincent ist eher der planende Typ, der gerne unauffällig und ruhig vorgeht. Ich entscheide mich daher für den Mann fürs Grobe, mein Freund gibt sich mit Vincent zufrieden. Das Spiel beginnt mit einem kleinen Gespräch zwischen Leo und Vincent, die sich über unscheinbare Dinge unterhalten. Nach dieser Zwischensequenz beginnt man im Split-Screen (das bleibt übrigens auch so, wenn man online spielt) damit, sich im Gefängnis zurechtzufinden. Während ich als Leo bereits durch die Gänge und Höfe schlurfen kann und mich mit Mithäftlingen unterhalte, kommt Vincent erst in der Anstalt an.
Während er sich ausziehen muss und erste Erfahrungen mit dem Wasserschlauch sammelt, schaue ich mir von der Brüstung die neuen Häftlinge an. Besonders anfangs des Spieles haben die beiden noch nichts miteinander zu tun und ihre Leben finden separat zu einander statt. Erst nach einer Schlägerei im Innenhof und einer heftigen Auseinandersetzung mit Rüpeln werden die beiden mehr und mehr ein Team. Genau so sollte es sich aber auch mit eurem Koop Partner verhalten: Ohne gründliche Absprache und Rollenverteilung bei den Aufträgen schafft ihr es nicht weit. Sei es nun wer die Wache ablenkt und wer den Stossbeitel holt, oder wer den Kopf hinhält, wenn der Cop auf ihn zielt und wer ihn dann K.O. schlägt.
Während wir uns im Gefängnis die nötigen Dinge für den Ausbruch beschaffen, werden wir immer wieder von cineastischen Zwischensequenzen unterbrochen, die uns Gespräche über die Zukunft zeigen oder was in der bevorstehenden Aufgabe zu tun ist. A Way out spielt sich durch diese Sequenzen wie ein wunderbarer Film, der uns Stück für Stück mehr einnimmt. Hat man erst einmal einen gewissen Punkt im Spiel erreicht, werden mehr und mehr wegweisende Entscheidungen verlangt. Hier wird nun entschieden, wer von den beiden Spielern die Hosen anhat. Passend zu den beiden Protagonisten war ich der, der gerne dem Cop eine überbrät, seine Mütze klaut und dann mit dem Streifenwagen Vollgas durchprescht, während mein Spielpartner lieber die leise und heimliche Variante unter der Brücke durch bevorzugte.
Schliesslich muss ich aber, wie es sich bei einer guten Couch-Partnerschaft gehört, den Argumenten meines Kumpanes nachgeben und wir schleichen unten durch. Hier macht sich eine Schwäche von Leo deutlich bemerkbar: Er hat Höhenangst. Dies zeigt sich dadurch, das die Sicht auf Leo deutlich verändert wird und neben seinen Spontanen Angstrufen und fluchen die Schritte etwas wackelig wurden. Dies gibt A Way out aber definitiv noch mehr Feeling, da nun Aufgaben und Erkundungen wieder neu verteilt werden: Nicht mehr ich werde auf das Windrad steigen, nur um zu sehen, dass da nichts ist, sondern Vincent wird das tun.
Natürlich dürfen aber auch Actionszenen und rasante Verfolgungsjagden nicht fehlen: Nachdem wir in Windeseile einen uralten Pickup wiederhergerichtet haben, eine Runde Klavier und Banjo spielten, Hüte anprobierten und alten Leuten den Abwasch machten, mussten wir nach einer Zwischensequenz bereits per Auto fliehen. Während Vincent am Steuer den entgegenkommenden Autos ausweichen muss, darf ich als Leo mit der Schrotflinte bewaffnet die Cops aufhalten. Nach zig Versuchen, in denen wir steckengeblieben sind und festgenommen wurden, schaffen wir aber auch das.
Genug von der Story, schauen wir uns das Spiel genauer an. Schon in den ersten Spielminuten merkt man, dass die Bewegungen gewöhnungsbedürftig sind, zumindest für mich. Als einfacher Vergleich bietet sich da Grand Theft Auto an, Bewegungen und Richtungswechsel fühlen sich sehr ähnlich an. Die Grafik ist definitiv zeitgemäss, die Soundkulisse toll und stimmig aber auch das Gameplay hat seine Vorzüge, denn die kleinen Mängel werden durch eine eindrückliche Story und Koop Spass definitiv ausgeglichen. Die Schwierigkeit der Missionen und der Story ist auf Casual-Niveau, wenn nicht sogar noch darunter. Dies tut dem Spielspass aber keinen Abbruch, es ist eher von Vorteil, da somit gewährleistet ist, dass jeder mitspielen kann. Ebenfalls positiv ist die Tatsache, dass für ein Spiel zu zweit kein zweiter Kauf notwendig wird. So etwas ist man sich ja heute nicht mehr gewohnt.
Fazit:
A Way out ist ein Spiel, auf das ich lange warten musste. Koop-Spiele werden leider heutzutage nicht mehr wirklich oft entwickelt. Es ist einfach toll, endlich wieder einmal mit Freunden, Verwandten oder seinem Partner am Abend statt einem Film gemütlich zu zocken. Die spannende Geschichte, die gut gemachten und toll in Szene gesetzten Zwischensequenzen haben für ein paar gelungene Momente gesorgt. Die sich im Spiel bietenden Möglichkeiten sind fantastisch. Im einen Moment lässt man die Pferde eines älteren Paares frei und im nächsten Moment steht man in Ihrem Flur und spielt im Einklang Banjo und Klavier. Es sind genau solche Dinge, die einfach Spass machen und eine gute Ablenkung von der eigentlichen Tatsache darstellen, dass man gerade aus einem Gefängnis ausbricht. A Way out faszinierte mich von Anfang bis zum Schluss, es stimmt einfach fast alles an diesem Spiel. Dazu kommt der Preis, der fast unschlagbar ist; schliesslich wird der zweite Spieler auch online nicht zum Kauf eines eigenen Spiels genötigt. Somit meine klare Empfehlung für alle, die von Prison Break nicht genug bekommen können oder gerne eine Geschichte von hoher Qualität erleben möchten. A Way out passt wirklich zu jedem Spieler, der nicht nur alleine durch die Videospiele-Welt stapfen möchte.
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