2016 erschien der eigenwillige Survival-Simulator 35MM bereits für den PC. Warum 6 Jahre später unsere zwei Helden nun auf der Switch ihr Unwesen treiben, schauen wir uns heute mal an.
35MM beginnt ganz harmlos. Was aussieht wie zwei Rucksacktouristen, die in einer nebligen Landschaft eine kleine Wanderung unternehmen, entpuppt sich ziemlich schnell als postapokalyptisches Trauerspiel. Die Umgebung ist menschenleer, nur vereinzelt hört man entfernt ein paar Tierrufe. Aus der Egoperspektive steuern wir den Hauptcharakter, sein Kumpel folgt uns jeweils im Schritttempo. Als unser Duo auf ein verlassenes Auto stösst, ahnt man schon nichts Gutes. Wir untersuchen den PKW finden aber nur eine Trinkflasche und ein verwaschenes Foto eines Hafens.
Wir folgen dem kleinen Feldweg weiter und werden von einem zahmen Schäferhund begrüsst. Nach einem kurzen Beschnuppern verliert Hasso sein Interesse und geht seines Weges. Na gut, dann halt. Wir befinden uns in einem kleinen Wäldchen als plötzlich ein aggressives Knurren die Stille durchbricht. Ein hungriger Braunbär will uns an die Kehle. Wir nehmen die Beine in die Hand und versuchen den Verfolger abzuschütteln. Unser NPC-Kollege sprintet bereits voraus, wir hinterher. Glücklicherweise erreichen wir eine Scheune und in letzter Minute schaffen wir das Tor zu öffnen. Kaum drinnen, zückt unser Kollege eine Pistole und mäht den Bären nieder. Wir sind gerettet, vorerst.
Wie sich herausstellt sind die beiden Überlebende einer globalen Pandemie (...) und wir befinden uns im fiktiven Russland der Zukunft. Die Ressourcen sind spärlich, 99,9% der Zivilisation dahingerafft und die einst funktionierende Wirtschaft nicht existent. Unser namenloser Held startet mit einem relativ überschaubarem Skillset. Wir können sprinten und springen, haben ein Messer im Inventar und nutzen den fahlen Schein einer Taschenlampe in dunklen Gebäuden. Ein kleiner Cursor zeigt uns beim erforschen an, ob wir mit einem Objekt interagieren dürfen oder nicht. So öffnen wir Türen, Schubladen und Kisten und sacken alles ein was geht. Bald akquirieren wir ein Beil und später sogar eine Knarre.
Geht uns beim Rennen die Puste aus, trinken wir einen Schluck Wasser oder gönnen uns eine Notration, damit wir wieder zu Kräften kommen. Wenn uns langweilig wird, zücken wir eine kleine Kamera und schiessen ein paar Bilder im Fotomodus. Die Sprachausgabe ist komplett in Russisch, unterstützt von deutschen Untertiteln.
Fazit:
Ich bleibe bei meiner These. Wer programmieren kann, ist noch lange kein guter Spieldesigner. Und 35MM bricht schon in den ersten Minuten eine wichtige Regel. Der Anfang eines Spieles muss einfach packen, ansonsten hat man das Ziel verfehlt. Zu Beginn dümple ich viel zu lange durch die Gegend und frage mich, wo die Action bleibt. Gelangweilt watschle ich durch die Pampa und wünsche mir, dass wenigstens mein NPC-Spetzl ein flotteres Schritttempo an den Tag legen würde. So warte ich minutenlang, bis der Kamerad Türen aufschliesst und wundere mich, dass drinnen nix los ist. Aus Spass bewaffne ich mich mit dem Messer, aber damit kann man ja auch nicht viel anfangen.
Nach dem harzigen Anfang kommt später etwas mehr Leben in die Bude. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass die Entwickler nicht richtig wussten wohin die Reise gehen soll. 35MM ist 50 Prozent Walkingsimulator, 30 Prozent Survival (das aber eher auf QTE wert legt) und der Rest ist ein bisschen sporadische FPS-Ballerei von der krudesten Sorte. Selten habe ich so lahme Schusswechsel gesehen wie in 35MM. Die anrückenden Feinde verhalten sich wie die pappigsten Gesellen seit Erfindung des Egoshooters. Es fühlt sich immer so an, als ob ich mit einer Schreckschusspistole auf Schiessbudenfiguren feure. Nervig ist auch, dass ich nach jedem Sprint gefühlt eine Minute lang nur noch keuchend im Schneckentempo vorankomme, insofern ich mir nicht etwas in die Kiemen schiebe. Grausam ist auch der Item-Cursor. Stets in der Mitte als kleiner Pixelpunkt erkennbar, wird er nur einen Deut heller, falls ich auf ein Objekt stosse, mit dem ich interagieren kann. Auf dem kleinen Futzelscreen der Switch ist das kaum zu unterscheiden. Es wird aber noch schlimmer. Knipse ich die Taschenlampe an, eliminiert der Lichtkegel meinen Cursor und ich erkenne gar nichts mehr. Testet eigentlich jemand die Spiele vor Release? Einen positiven Aspekt kann ich 35MM dennoch abgewinnen: Nach 2 bis 3 Stunden ist die ganze uninspirierte Zauberei glücklicherweise vorbei!
Wir haben 35MM auf Nintendo Switch getestet. Das Spiel ist auch für Playstation 4 und Xbox One erhältlich, jedoch nur digital. Das Test-Muster stammt von Publisher Sometimes You, wofür wir uns herzlich bedanken!
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