Alien-Fans sind schon eine gebeutelte Gemeinschaft, wenn es um Videospiele geht. Es gibt mittlerweile viele, aber nicht wirklich viele gute Alien-Games. Im Sommer 2021 soll mit Aliens: Fireteam das nächste Spiel mit den kultigen "Giger Viechern" erscheinen. Als gebranntes Xeno-Kind ist man aber lieber erst mal vorsichtig optimistisch. Angesichts dessen blicken wir heute noch einmal zurück auf das in unseren Augen beste Alien-Spiel to date: Alien: Isolation von Creative Assembly.
Alien: Isolation, so heisst der feuchte Traum eines jeden Xenomorph-Fanboys/-girls und spielt irgendwo zwischen Ridley Scott's erstem und James Cameron's zweitem Teil, orientiert sich aber ausschliesslich am Original Kinofilm von 1979. Will heissen; wenig Action, viel Erkundung und eine extra Portion Atmosphäre. Die Jungs und Mädels von Entwickler Creative Assembly haben hier wirklich alle Register gezogen und das 70er Jahre Sci-Fi Design bis auf den letzten Röhren-Monitor perfekt eingefangen. Jedes noch so kleine Detail wurde akkurat quasi vom Film ins Spiel übertragen. Es ist eine wahre Freude durch die Raumstation Sevastopol (und im DLC die legendäre Nostromo) zu laufen und sich alles genau anzusehen. Man fühlt sich in der Tat wie am Film-Set.
Im Spiel übernehmen wir die Rolle von Amanda Ripley, Tochter von Ellen Ripley (Sigourney Weaver). Sie hat nie wirklich aufgehört nach ihrer verschollenen Mutter zu suchen. Die konnte ja bekanntlich am Schluss des Films als einzige Überlebende der Nostromo mit dem Rettungs-Shuttle flüchten, gleitet aber seither im Cryo-Schlaf ziellos durchs All. Als Amanda erfährt, dass der Flugschreiber der Nostromo geborgen wurde, erhofft sie sich natürlich einige Antworten auf Fragen, die ihr schon lange unter den Nägeln brennen. Die Blackbox befindet sich jetzt auf der ausgedienten Raumstation Sevastopol.
Die riesige Forschungs-Anlage wird nur noch von wenigen Menschen bewohnt, da sie sich im Orbit eines riesigen Planeten befindet und droht durch dessen Anziehungskraft abzustürzen. Daher ist die Verschrottung des Metall-Giganten durch die Weyland Corporation bereits in vollem Gange. Hauptsächlich verrichten menschliche Roboter ihren Dienst auf der vom Zerfall gezeichneten Raumstation. Als jedoch plötzlich ein Alien auftaucht, ist die Panik bei den Bewohnern gross. Viele der Menschen kriegen Schnappatmung, trauen niemandem mehr über den Weg, werden gar aggressiv. Genau dieses Verhalten wird auch für Amanda bald zum Problem.
So will ihr nicht nur das garstige Giger-Monster an die Wäsche, sondern eben auch die letzten Überlebenden, sowie einige der menschlichen Arbeiter-Androiden und sogar die KI der Raumstation selbst, 'Apollo' genannt. Also gehen wir diesen Übeln am besten schleichender Weise aus dem Weg. Unentdeckt zu bleiben ist das A und O in Alien: Isolation.
Obwohl Alien: Isolation kein Action-Spiel im herkömmliche Sinne ist, weiss sich Amanda trotzdem zu wehren. Allerdings auf die eher subtilere Art und Weise. Aus allerlei herumliegendem Schrott und unter Zuhilfenahme gefundener Blue-Prints bastelt sie beispielweise EMP-, Blend-, Rauch- und Rohr-Bomben. Ebenso kann sie sich selber verarzten, wenn sie entsprechende Komponente findet. Selbst gebastelte Geräusch-Macher locken das Alien und andere Feinde in eine bestimmte Richtung.
Richtige Waffen sind auf der Sevastopol eher Mangelware. Zwar findet Amanda im Laufe des Spiels einige davon, wie beispielweise einen Revolver, eine Schrotflinte oder sogar einen Flammenwerfer. Einsetzen kann man die aber nur begrenzt, da sie erstens zu laut sind (das Alien reagiert auf jedes noch so kleine Geräusch) und zweitens die Munition extrem knapp bemessen ist. Das Alien selbst kann man damit höchstens kitzeln und zur Flucht bewegen.
Besser ist es, sich unter einem Tisch oder in einem Schrank zu verstecken und einfach abzuwarten, bis die Gefahr vorüber ist. Dabei hilft der altbekannte Motion-Tracker aka Bewegungs-Melder. Er zeigt uns an, aus welcher Richtung eine mögliche Gefahr kommt und ausserdem, in welcher ungefähren Richtung unser nächstes Ziel liegt. Das ist äusserst nützlich, denn Alien: Isolation nimmt euch zu keiner Zeit an die Hand. Wegpunkte gibt es nicht, ihr müsst die Umgebung schon selber erkunden.
Die digitale Karte zeigt nur an, was ihr bereits entdeckt habt, ausser ihr ladet euch von herumstehenden Karten-Terminals neue Maps runter. Dann werden auch interessante Objekte wie die lebenswichtigen Speicher-Stationen und Sicherungs-Kästen angezeigt.
Letztere nutzt Amanda zur Manipulation der Umgebung. Durch die Umleitung bzw. Abschaltung diverser Strom-Knoten eröffnen sich neue Wege z.B. durch Lüftungsschächte oder Wartungs-Schachts. Auch Alarm-Systeme und Kameras können so ein- und ausgeschalten oder ganze Bereiche abgeschottet werden. Ab und zu müssen seichte Keycard- und Umgebungs-Puzzles gelöst oder verschlossene Türen via Hacking-Mini-Spiel geöffnet werden.
Die grösste Herausforderung in Sachen Gameplay ist und bleibt aber das Alien. Im Gegensatz zum bleigeschwängerten Colonial Marines gibt es in Alien: Isolation nur ein einziges davon (oder?), noch dazu ein unverwundbares. Und das ist auch gut so. Die Angst, es mit einem erbarmungslosen, eiskalten Space-Killer zu tun zu haben, mit dem jede Begegnung sofort tödlich enden kann, ist allgegenwärtig. Kein Versteck ist wirklich sicher. Die unberechenbare KI des Xenomorphs macht jedes Aufeinandertreffen einzigartig, stellenweise aber auch frustrierend. Man sollte sich auf jeden Fall darauf einstellen, viele Tode zu sterben.
Das Speichersystem macht das Ganze auch nicht gerade einfacher. Gespeichert wird nämlich nicht automatisch, statt dessen müsst ihr dies an den oben erwähnten Speicher-Stationen innerhalb der Sevastopol manuell tun. Diese Save-Points müssen erst einmal gefunden werden und sind nicht immer optimal platziert. Dies kann dazu führen, dass ihr grössere Abschnitte im Trial-and-Error Prinzip abgrast, bis ihr die nächste Save-Station gefunden habt. Zum Glück gibt es für jede scheinbar hoffnungslos schwere Situation eine relativ leichte Lösung (wie sonst sollte man die 'Beende-das-Spiel-ohne-zu-sterben-Trophy' freischalten). Man muss diesen einen, optimalen Weg aber erst einmal finden, und das ist nicht immer ganz einfach.
Alien: Isolation ist extrem gut gealtert, immerhin hat es schon 7 Jahre auf dem Buckel. Heute würde ich die Animationen der Menschen als dürftig und eher hölzern bezeichnen, die Lippenbewegungen sind unschön und vielerorts asynchron. Bei Androiden fällt das weniger ins Gewicht, als bei Menschen NPCs. Die Cut-Scenes sind weiterhin ziemlich ruckelig. Das ist wirklich sehr schade, denn sie wären an sich toll inszeniert und sehen fantastisch aus.
Grundsätzlich ist Alien: Isolation optisch nach wie vor ein absoluter Hingucker, gerade auf dem PC. Knackscharfe Texturen, herrliche Licht-/Schatten-Effekte und eine stets flüssige Bildrate (selbst mit bescheidener Hardware) zaubern euch ein breites Grinsen ins Gesicht. Der phänomenale und erweiterte Original-Soundtrack von Jerry Goldsmith und die authentischen Sound-Effekte aus dem Film verpassen euch unweigerlich Hühnerhaut. Atmosphärisch 2021 immer noch absolut top!
Rund zwanzig Stunden hält euch die Hauptstory bei der Stange. Wer alle ID-Tags, Audio-Logs und Logbuch-Einträge finden will, kann locker nochmal 5 Stunden dazu zählen. Wer dann immer noch nicht genug hat, kann sich an einem Survivor-Modus versuchen. Hier spielt ihr in ein paar neuen und alten Szenarios quasi Verstecken mit dem Alien. Toll ist, dass diese Begegnungen dank der unvorhersehbaren KI des Monsters bei jedem Versuch anders ablaufen.
Toller Bonus: Käufer der Ripley-Edition kriegen zwei kostenlose DLCs namens 'Crew Expendable' und 'Last Survivor', die euch noch einmal ein bis zwei Stunden beschäftigen. Die DLCs sind natürlich auch separat käuflich zu erwerben. Hier dürft ihr unter Anderem mit Mama-Ripley, Captain Dallas oder Parker die Nostromo unsicher machen und zwei Szenen aus dem ersten Film nachspielen. Allein das sollte für wahre Alien-Fans bereits das ultimative Gaming-Erlebnis sein.
Wie sich das Ganze anfühlt, demonstriere ich euch in diesem kurzen Gameplay-Video (am besten mit Sound anschauen!):
Fazit:
Ganze vier mal habe ich Alien: Isolation seit erscheinen im Jahre 2014 schon durchgespielt, zuletzt auf dem PC. Das Spiel sieht 2021 immer noch fantastisch aus und klingt auch so. Audio-Visuell ist den Jungs und Mädels von Creative Assembly ein wahres Meisterwerk gelungen, das atmosphärisch kaum zu toppen ist. Die erste Begegnung mit dem fiesen Alien trieb mir als Fan der Franchise förmlich Freudentränen in die Augen. Aus Spoiler-gründen habe ich hier noch kein Wort über die sensationelle zweite Spielhälfte des Spiels verloren, die mit vielen Überraschungen und Twists aufwartet, die bei wahren Fans für nasse Höschen sorgen werden!
Zugegeben, spielerisch ist Luft nach oben, denn die vielen Bildschirmtode dank Trial-and-Error, schlecht integriertem Speicher-System und gnadenloser Xeno-KI, können schon an den Nerven zehren und den Spielfluss ausbremsen. Gleichzeitig ist gerade das aber auch erfrischend. Man muss schon was leisten und ein bisschen Geduld und Hirn mitbringen, um lebend von der Sevastopol zu entkommen. Alien: Isolation nimmt euch nicht dauernd an die Hand und dreht euch immer wieder gerne durch den Spiele-Fleischwolf. Entsprechend gut fühlt man sich, wenn man eine schwere Situation gemeistert oder einen weiteren, alternativen Weg entdeckt hat, um dem Xenomorph ein Schnippchen zu schlagen. Neben dem fiesen, toll animierten Ausserirdischen ist der heimliche Star aber die Raumstation selbst, mit ihrem kultigen 70er Sci-Fi-Flair. Das Art-Design und das Team dahinter hätten echt einen Oscar verdient. Da auch der Umfang passt und ich im DLC sogar mit der Original Crew die Nostromo unsicher machen darf (inkl. Original Schauspieler als Sprecher) ist für mich klar: Alien: Isolation ist noch immer das beste Alien-Game weit und breit und wird es vermutlich für immer und ewig auch bleiben.
"This is Sascha, Editor in Chief of the The(G)net Switzerland... singing off..."
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