Es war einmal eine Zeit, da gab es nur zwei grosse Fussball-Spiele. Eins nannte sich FIFA, das andere war unter dem Namen Pro Evolution Soccer bekannt. Eine neue Zeitrechnung begann, als im fernen Osten eFootball die Stelle von PES einnahm. Und nun, in diesem Jahr, muss sich der gemeine Videospieler auch vom alteingesessenen FIFA verabschieden.
Zwei grosse Fussball-Serien der letzten Jahrzehnte haben sich fast gleichzeitig verabschiedet. Konami wollte einen neuen Weg einschlagen und sich vom übergrossen Konkurrenten aus Kalifornien abgrenzen. EA war schlicht nicht mehr gewillt, die Namensrechte weiterhin an die FIFA zu bezahlen. Während eFootball mit dem Namenswechsel auch eine spielerische Revolution mit sich brachte – nicht nur zum Besten für dessen Spieler – so sieht beim neuen EA Sports FC alles wie gewohnt aus. Wieso noch einen Vergleich, verlor doch eFootball massiv an Qualität einhergehend mit dem Namenswechsel? Die Antwort ist ganz einfach: Mit dem neusten Update 3.0 auf die Version 2024 hat sich bei den Japanern einiges getan, weswegen es sich durchaus lohnen mag, dem Titel zumindest wieder eine Chance zu geben.
Obschon der neue Name vielleicht etwas anderes vermuten lässt: Hinter EA Sports FC verbirgt sich FIFA. Das gesamte Lizenzpaket, aufpolierte Grafik und das gewohnte FIFA Gameplay, das wir bereits seit einem Jahrzehnt kennen. Mit dazu gehört die Cash-Cow namens FUT, Solo Karriere-Modus, Season Spiele und vieles mehr. Neu finden wir auch Spielerinnen in den Karten. Nur fair, schliesslich muss bei Fernsehübertragungen heute auch immer eine Frau mit von der Partie sein, Quote und so, aber das ist ein anderes Thema. Das Gameplay fühlt sich etwas geschmeidiger an als noch bei FIFA 23, gleichzeitig spielt das aber überhaupt keine Rolle mehr. Konnte man noch vor einigen Jahren ein Fussballspiel und dessen Spielgefühl zum Release aussagekräftig testen, macht das im Jahr 2023 fast keinen Sinn mehr. Erfahrungsgemäss wird das Gameplay in den kommenden Wochen und Monaten so massiv durchgepatched, dass es eigentlich völlig egal ist, wie sich der Titel zum jetzigen Zeitpunkt spielt. Die Frage ist vielmehr, wie wird es sich im Verlauf der Saison anfühlen und verändern? Mangels Glaskugel kann ich das nur schwer beurteilen. Dieser Punkt trifft aber natürlich auch auf eFootball zu.
Während bei FIFA – bitte um Entschuldigung – EA Sports FC also alles beim Alten geblieben ist, was hat sich bei eFootball denn so getan? Eigentlich hat mich das Spiel ja gar nicht mehr interessiert, nach den kläglichen Releases der letzten zwei Jahre. Nur hat mich das EA-Spiel mal wieder so nahe an den Rand des Wahnsinns getrieben, dass ich mir dachte: „Kostet ja nix!“. Und tatsächlich ist das ein valider Punkt. Während FIFA gefühlt jedes Jahr teurer wird, mit dem einzigen Ziel, dem Kunden in-Game noch mehr Geld aus der Tasche ziehen zu wollen, ist eFootball komplett kostenlos. Selbstverständlich darf man auch bei Konami Echtgeld für Spielerkarten ausgeben, hier unterscheiden sich die beiden Titel wenig.
Aber zurück zum Spiel, wie sieht eFootball im Jahr 2024 aus? Das Menü ist für Konami-Verhältnisse wunderschön. Natürlich immer noch weit weg von gut gestylt, aber immerhin nicht abgrundtief hässlich wie bei einigen Vorgängern. Und was erwartet uns? Von allem viel weniger als bei der grossen Konkurrenz, daran hat sich nichts geändert. Weniger lizenzierte Vereine, weniger (oder nahezu gar keine) Singleplayer-Modi. Was es allerdings mehr gibt, sind Ladezeiten bei der Suche nach Spielern. Und notwendiges A-Butten Gehämmere. Speziell im Solospiel gegen die KI bedarf das Spiel viel Geduld. Nur schon um das Spiel zu starten, sind gefühlt unzählige weiter-Klicks notwendig. Und dann auf dem Rasen, die ganzen Wiederholungen. Wieso darf ich sie nicht deaktivieren? Jeder Torschuss, jedes Foul, jedes Offside, alles erhält eine Wiederholung und jede davon muss weggedrückt werden. Wenig überraschend: Das nervt.
Was aber viel weniger ärgert ist das Gameplay. Es wirkt erfrischend fluffig. Im Gegensatz zu EA Sports FC habe ich mehr das Gefühl, dass ich die komplette Kontrolle über das Geschehen auf dem Rasen habe. Nicht immer, aber immer öfter. Ab und an bleiben meine dümmlichen Spieler gerne mal stehen oder machen nicht den einen Schritt nach vorne, den ich eigentlich von ihnen erwarten würde. Aber der Spielaufbau wirkt elegant, der Spiefluss angenehm kontrolliert und die Flügelläufer nicht übermächtig wie bei anderen Spielen, ohne Namen nennen zu wollen. Das Spiel ist weit weg von perfekt, aber es macht wieder Spass, und das konnte ich von den vorherigen eFootball Versionen nur schwer behaupten.
Zusätzlich offeriert Konami diverse Missionen sowohl on- wie auch offline, mit welchen wir Punkte freispielen, die wiederum für Spielerkäufe verwendet werden. Im Gegensatz zu Ultimate Team dürfen wir unsere Spieler auch über den ursprünglichen Karten-Level hinaus weiter trainieren, zuvor erspielte Trainings-Punkte vorausgesetzt. Wie bei Electronic Arts steht es dem Talentscout frei, Geld für Packs auszugeben. Wer sich eine Karte für Echtgeld holt, sieht aber zumindest genau, aus was für einem Deck gezogen wird, also alle ziehbaren Spieler im Deck. Zusätzlich ist ein Spielpass mit dabei. Die Basisversion ist kostenlos und mit jedem gespielten Spiel erhalten wir Punkte oder Trainings-XP. Wer will kauft sich eine von zwei unterschiedlich teuren Premium Versionen dessen, und erhält zusätzlich noch Coins und gar Spieler. Der Pass dauert jeweils gut einen Monat. Es gibt allerdings weniger Coins zu erspielen, als der Pass Euch kostet. Es ist also nicht wie bei Fall Guys, wo durch fleissiges Spielen allein bereits der nächste Season-Pass erwirtschaftet werden kann.
Was bei eFootball auch 2023 fehlt sind viele Club-Lizenzen und Modi. Ausser den Missionen spielen wir im „Hauptmodus“ Dreamteam mit unserer hübsch zusammengestellten Elf gegen Spieler aus aller Welt. Vielmehr bietet Konami nach wie vor nicht. Der von vielen herbeigesehnte Meisterliga Modus soll angeblich noch in diesem Jahr (kostenpflichtig) nachgeliefert werden. Ob und wann das geschehen wird, steht in den Sternen. Die Japaner schlossen die ein oder andere Partnerschaft mit europäischen Top-Clubs ab, dazu gehört der FC Arsenal, FC Barcelona oder der FC Bayern München. Deren Spieler und Stadien sind komplett lizenziert und im Spiel enthalten. Was darüber hinaus geht, wird dann eher dünn. Aus der Bundesliga suchen wir beispielweise vergeblich nach weiteren Teams. Dafür hält Konami so einige Lizenzen im mittel- und südamerikanischen Raum sowie im Grossraum Asien. Wer also mit Ronaldo das runde Leder kicken will, darf das auch in Konamis Stadien.
Fazit:
FIFA beziehungsweise EA Sports FC ist auch in der Saison 23/24 das (viel) komplettere Spiel. Wer die Vorgänger gespielt hat weiss genau, was ihn erwartet. Unzählige Lizenzen, viele Modi und vorallem Ultimate Team. Das Gameplay unterscheidet sich kaum von FIFA 23 und wird sich im Verlauf der Saison durch unzählige Patches dauernd verändern. Für Solospieler und Fans von Teams, die keine Partnerschaft mit Konami abgeschlossen haben, bleibt somit eigentlich nur EA Sports FC übrig, ausser Lizenzen interessieren euch nicht. Nun gibt es aber nicht gerade wenige Fans der in eFootball verfügbaren Clubs und für diese lohnt es sich zumindest, den Titel der Download Warteschlange hinzuzufügen. Einem geschenkten Gaul, schaut man bekanntlich nicht ins Maul. eFootball's Gameplay ist erfrischend anders als bei der Konkurrenz und macht gerade auch deswegen viel Spass. Dennoch bleibt EA's Zögling der diesjährige Meister.
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